Ganz, ganz schweres Thema. Nicht weil ich nicht jeden Eurer Beiträge unterschreiben möchte, sondern weil man nicht weiß, wo der Leistungssport anfängt, respektive wann eben schon ein Training ganz ohne Wettbewerbsambitionen, aber mit viel (ungesundem) Ehrgeiz des Menschen, zur Tierquälerei mutiert.
Oder das Erfüllen von Zuchtauflagen ... Micha erwähnte auch den Pferdesport und ich finde, dass die Pferdezucht dem frühen Verschleiß von Pferden in nichts nachsteht. Hengste, die im Oktober zur Körung gerade mal zwei Jahre und drei Monate alt sind, befinden sich - zu einer Zeit, in der so ein Jungpferd noch seinen zweiten Weidesommer genießen sollte, schon in der Vorbereitung zur Körung - die Vorauswahlreise beginnt allerdings schon im Juli/ August und da ist so mancher Hengst gerade mal zwei Jahre alt geworden. Die Hengste müssen an der Körung entsprechend bemuskelt sein und das erreicht man nur mit entsprechendem Trainung. Abgesehen davon erwartet die Kommission auch schon routiniertes Freispringen über Hindernisse.
Wenn der Zweijährige gekört wird, beginnt für ihn das Anreiten, denn ab März gehen die Hengste in die Hengstleistungsprüfungen und selbstverständlich sollte so ein zukünftiger Vererber auch schon Turniererfolge und eine Einladung zum Bundeschampionat erhalten haben, damit sich die Züchter für ihn als Hengst für ihre Stuten interessieren.
Hengste wie Totilas, die auch die Nichtpferdeleute kennen, sind da nur die Spitze des Eisbergs.
... und für eine bestandene Körung gibt es kein Geld, sondern die kostet erst mal rund 10.000 € - trotzdem werden Pferdekinder dafür verheizt, weil die Hoffnung des Züchters besteht, dass der Pferdesohn doch noch ganz groß rauskommt und entsprechend Stuten bekommt oder ein Wahnsinns-Kaufangebot folgt.
Nun komme ich aber von den Pferden, bei denen ich zwei Jahrzehnte lang zu den Insidern gehörte, zu den Hunden.
Ich fühlte mich mit meinen ersten Schäferhunden natürlich auch genötigt, Hundesport zu betreiben und Prüfungen abzulegen. Die Frage, ob meine Hunde sich für meine Ideen ebenfalls begeisterten, habe ich ihnen und mir damals nicht gestellt.
Was mir aber auffiel, dass wir im Verein eine Menge von ungesundem Ehrgeiz getriebene Hundesportler hatten, denen quasi jedes Mittel recht gewesen wäre, um ihren Hund mit Erfolg durch jedwede Prüfung zu zwingen, denn ohne Prüfung gab es ja auch keine Zuchtzulassung.
Ich hatte mit Joe zum Glück einen Hund mit ganz wenig Trieb - oder wie der Trainer sagte: "Beim Agility macht er sicher eine bessere Figur". Außerdem war er deutlich aus dem Standard gewachsen und damit war die Zuchtzulassung auch kein Thema mehr für uns und wir konnten entspannt und ohne irgendwelche festgelegten Ziele trainieren. Was Joe keinen Spaß machte, machten wir halt nicht und förderten, was er besonders gern machte oder konnte.
Bei den Leonbergern gibt es keine Arbeitsprüfung und die Körung ist eine ganz entspannte Veranstaltung. Genauso die verlangten Ausstellungserfolge. Eigentlich. Aber ich kenne auch Züchter, die keine Schau auslassen und mit ihren Welpen auch stundenlange Autofahrten ins entfernte Ausland nicht scheuen, um sich bei den Richtern bekannt zu machen und Erfolge zu sammeln.
Und ich finde, dass man sich auch da schon die Frage stellen kann, ob das den Hunden wirklich gut tut und ob der Hund da nicht zum Objekt des Züchters wird, mit dem er sich profiliert - vergleichbar mit dem Porsche zur Penisverlängerung des Mannes in der Midlifekrise. Nur halt auf Kosten der Hunde.
Insofern denke ich, dass es nicht zwingend um Geld gehen muss, um die Grenze zu überschreiten, hinter der das Wohlbefinden des Tieres an die zweite Stelle rückt, sondern Ruhm auch eine starke Triebfeder sein kann.