Tilli
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Beiträge von Tilli

    Genau das nette ich frage mich bis heute, wenn statt des Riesenbabys Tilli dran gewesen wäre, wie weit hätte ich sie gehen lassen? Und wenn ich ehrlich mit mir bin und nichts beschönige, dann gefällt mir die Antwort auf die Frage nicht. Man kann so richtig fies auf die Nase fallen bei dem Versuch, alles richtig zu machen.


    Heute darf an meine Prinzessin nur, wer mir ganz und gar zusagt. Klingt doof, ist aber so....

    Das ist genau der Punkt der einem Neuhundehalter viele schlaflose Nächte und graue Haare beschert. Man ist geneigt den Bockmist zu glauben und sich beeindrucken zu lassen. Das kann einem aber genau so gut in einer schlechten Hundeschule passieren. Tillis erste Welpenstunde war desaströs. Heute hätte ich die Stunde gar nicht angefangen und wäre gleich beim Anblick der Hunde der Trainerin geflüchtet. Aber damals hatte ich keinen Plan, also waren wir zumindest eine Stunde da. Ein Hoch auf meine Sturheit.


    Als wir da ankamen, gabs erst mal zehn Minuten Selbstbeweihräucherung vom Feinsten. Eine Teilnehmerin wurde angemacht, weil sie wegen Durchfall ihres Welpen beim Tierarzt war. Man selbst hätte mehr Plan und würde auch Futter verkaufen. Tierärzte können da nicht helfen, aber sie.


    Eine andere junge Frau hatte einen Welpen dabei, den sie als griechische Dogge vorgestellt hat. Ich hab selbst über Google nicht geschafft rauszufinden, was das für ein Hund sein soll. Ich schätze was Richtung Cane Corso oder ein Mix davon. Tappsiges etwas schüchternes Riesenbaby, dass beim Anblick so vieler Welpen erst mal lieber zu Frauchen wollte. Den kleinen Kerl hatte die so richtig auf dem Kieker. Da steht also dieses Riesenbaby, weiß nicht recht was es von allem halten soll und die "Trainerin" geht zu dem hin mit den Worten: "Sehr dominante Rasse, da muss man gleich durchgreifen", packt sie sich den Kleinen, dreht den auf den Rücken und hält den am Hals auf dem Boden. Welpe jammert panisch. Das könnte man sich gleich merken, da haben wir schon was gelernt.


    Dann kam sie zu den Schäferhunden. Ein Mann war mit einem schwarzen Schäfiwelpen da, ich mit Tilli, die als Welpe deutlich dunkler war als heute. Kommentar: Bei den dunklen Schäferhunden muss man mehr aufpassen, die sind tendenziell gefährlicher <X:cursing:. Kennt ihr reflexhaftes Augenrollen? Genau das habe ich, ich habe situationsbedingt offenbar keine Kontrolle über meine Gesichtsmuskeln....ich habe nonverbal der Meisterin widersprochen, Asche auf mein Haupt. Tilli hatte ein Geschirr als Welpe, ein Halsband hatte ich in der Tasche dabei. Bevor man hier überhaupt was machen könnte, müsste ich bei ihr ein Halsband kaufen. Gibts in allen Farben. Brauch ich nicht, hab ich dabei. Aber nicht so eins wie sie verkauft. Ich nehm trotzdem meins. Meine Beliebtheit dürfte in dem Moment gestiegen sein, nehme ich an. Mein Blutdruck in jedem Fall.


    Dann durften die Welpen spielen. Riesenbaby, die zwei Schäfis und irgendwas anderes kamen in eine Gruppe. Drei problematische und ein toller Familienhund. Es durfte gespielt werden. Die beiden Schäfis sind entzückt und geben Gas, der tolle Familienhund findet auch ins Spiel...Riesenbaby nicht so. Dem waren die drei Temperamentsbrocken wohl zu viel. Der sah aus wie ein Opernliebhaber im Eingang einer Technoparty. Irgendwann macht sich Riesenbaby mal auf den Weg, wird wieder von der Trainerin geschnappt und landet auf dem Rücken. Der hatte nicht mal Kontakt zu den anderen Welpen. Fand der blöd, hat gar nicht mehr versucht zu den anderen Welpen zu kommen.


    Dann sollte Leine geübt werden. Also Leine an den Welpen und Welpen hinter sich herlocken. Wenn sie trödeln einfach weiterlocken und schauen, dass man die Aufmerksamkeit bekommt. Soweit, so logisch. Da war doch die eine, die gerade die Augen verdreht hat....Tilli und ich durften als erste vormachen :D. Welpe Tilli latscht also mit, sieht neben uns in nicht erreichbarer Entfernung den anderen Schäfi, will da hin und wirft am Ende der Leine Anker. Wir haben als Hörzeichen fürs Weitergehen seit Tag 1 unseres munteren Zusammenlebens etwas, dass mich als seriösen Hundehalter völlig disqualifiziert. Ich schnalze...:huh:. Wird selten gebraucht, klappt aber bis heute. Da faucht die Frau mich an, so geht das nicht. Ich muss "bei mir, bei mir, bei mir"....singen. Schnappt sich die Leine von irgendeinem anderen Welpen, äfft mich schmatzend nach und zieht den leicht verwirrten Terrier völlig übertrieben arschwackelnd hinter sich her. Vor der kompletten Gruppe. Jetzt weiß ich endlich wo ich bin, Sportunterricht 8 Klasse, gepaar mit Musikunterricht, na also, jetzt weiß ich auch wie man damit umgeht. Doch was gelernt 8). Der Unterschied ist nur, damals war das ganze kostenlos und völlig umsonst, aber verpflichtend. Heute nicht. Ich habe es geschafft im verpflichtenden Schulchor nicht zu singen, gegen die ausdrücklichen Wünsche von Lehrer und Eltern mit entsprechenden Konsequenzen. Da werde ich doch nicht im Hundetraining. Vielleicht hätte sie gern mal mich auf die Rücken gedreht, aber ich war zu groß, also musste das Riesenbaby noch zwei Mal dran glauben.


    Der Bezahlvorgang am Ende der Stunde sowie meine formell sehr höfliche Ablehnung den Kurs weiterhin zu besuchen, wo gerade ich es so nötig hätte, waren von einem eher frostigen Klima geprägt. Ein Beispiel soll ich mir nehmen, an denen die den Kurs gebucht haben. Denen kann man ja noch helfen, mir eher nicht so....das geht schief.


    Tilli kann ja stur wie ein Ochse sein, gelegentlich wie einer ziehen, sich wie eine Diva aufführen, mich bis auf die Knochen blamieren und in seltenen Fällen mal eine wirklich unglaubliche Egozentrik an den Tag legen; so hält die Baustellen für eine Spaßveranstaltung und einen Polizeieinsatz in den wir mal zufällig geraten sind, für eine Art Erlebnisgastronomie. Und ich schnalze immer noch. Lieber bin ich die Mrs. Bean der Schäferhundhaltung als dass ich mir ausmale, mit dem inzwischen erwachsenen Riesenbaby vor die Tür zu müssen, der Menschen doof findet, gelernt hat, dass ihm schon beim Anblick anderer Hunde was beängstigendes widerfährt und dass Training Mist ist, und das ganze vermutlich mit deutlich mehr Muskelmasse als Tilli. Ich hoffe die beiden haben noch die Kurve gekratzt ehe es zu spät war.


    Mehr Mist ist in 45 Minuten Gruppenunterricht doch kaum mehr zu schaffen. Versauen kann ich den Hund auch selbst. Dass da überhaupt noch wer hingeht ist ein Rätsel. Einfach mal einen Riesenhype um die eigene nicht vorhandene Kompetenz machen und schwupp, hat man Anhänger. Das einzige was sie konnte, und das nicht mal ansatzweise auf einem rhetorisch mittelmäßigen Niveau, war den Welpenhaltern immer wieder größte Angst vor "dem Problemhund" einzutrichtern, so denn sie nicht kritiklos an ihren Lippen hängen. Ich behaupte ganz platt, wäre die Grundstimmung bei manchen Ersthundehaltern nicht völlig von Versagensangst geprägt, hätte sie mit ihrer schlechten Darbietung keinen hinter dem Ofen hervorgelockt. Jeder Guru muss sich mehr anstrengen um seine Schäfchen zu behalten. Ein Lehrstück in Sachen Angst macht gefügig. Übrigens gehört einschüchtern eines einzelnen Sündenbocks und bloß kleine Zweitmeinung (Tierarzt) ebenso in die ersten Kapitel von "Diktatur für Anfänger".


    Was lange bei mir hängen geblieben ist, war eine Mordswut. Tilli scheint gut weggekommen zu sein, ich bin, wie ich schon mal sagte, nur noch sehr bedingt hundetrainerverträglich. Wenn ich jetzt hier sitze und daran denke, kommt mir immer noch die kalte Wut.


    Oh je, schon wieder ein Roman. Gut dass ich nie versucht habe ein Telegramm zu verschicken, ich wäre kläglich gescheitert und pleite.


    LG

    Babsi & Tilli (singt übrigens sehr gerne)

    Danke @Shota und Lobo für die Antworten. Ich habs mir fast gedacht, hab nur wenige Male beim Training zugesehen, und da bot sich genau das Bild. Die Hunde hatten ihre Freude. Und ich auch, so ein Mensch Hund Team bei der Arbeit hat schon eine gewisse Ästhetik, Donnerwetter, zuschauen ist da echt schön.


    LG

    Babsi & Tilli

    Huhu,


    hurra ein Fettnapf, wartet, ich nehm schnell Anlauf....


    Dann geb ich mal den Advocatus Diaboli für den Schutzdienst. Vorneweg, ich habe keine emotionale oder irgendwie geartete Bindung zu dem Sport, betreib ihn nicht selbst und werde es wahrscheinlich auch nicht. Ich gehe jeder Form von Vereinsleben aus dem Weg, wie der sprichwörtliche Teufel dem Weihwasser. Es müsste schon Tillis körperliches und geistiges Wohlbefinden nur durch Schutzdienst zu retten sein, ehe ich mich in diese Richtung auf den Weg machen würde.


    Aber das Problem ist doch nicht die Sportart selbst, sondern diejenigen, die ihn nicht tiergerecht betreiben. Teilweise wohl mit Methoden, die einem die Haare zu Berge stehen lassen. Wie Kickohr oben sagt, raus kommen Hunde, die weder Bindung noch Vertrauen zu ihrem Halter haben, und dazu noch miserabel gehalten werden. Gepaart mit der Größe der Hunde und dem Wesen des DSH und anderer Rassen, eine brandgefährliche Mischung. Dem kann ich nur zustimmen. Aber dann kann man nicht einen ganzen Sport auf die Verbotsliste setzen, sondern nur genau diese Methoden und Haltungsbedingungen. Es gibt genug Hundehalter die es vortrefflich geschafft haben, ihre Hunde zu einer Gefahr auf vier Pfoten zu erziehen, ohne jemals einen Hundeplatz aus der Nähe gesehen zu haben. Und der Schutzdienst selbst, kann ja nicht für irgendwelche misslungenen und grenzdebilen Versuche verantwortlich gemacht werden, einen Hund scharf zu machen weil cool. Wenn ich jetzt eine schwere Kugel aus dem Fenster werfe, ohne nachzusehen, wer da unten so steht, käme sicher keiner auf die Idee, man müsse das Kugelstoßen verbieten. Und XL Schneekugeln gleich mit. Man könnte hier sicher über Vorsatz oder Fahrlässigkeit diskutieren, und sollte ich weiter davon überzeugt sein den Sport des Kugelstoßens zu betreiben auch über meine Schuldfähigkeit.


    Ich bin kein Freund davon alles und jedes gleich zu verbieten, weil es gefährlich aussieht und der Laie womöglich auf komische Ideen kommt. Dann streichen wir auch jede Form des Kampfsports, ja liebe Freunde des Judos und Karate, ihr auch! Motorsport, auch weg....wenn ich versuche was man da teilweise zu sehen kriegt endet das nicht gut. Jegliche Form des Schießsports, Bogenschießen auch. Und um das Übel gleich mit der Wurzel auszureißen, die Sache mit dem Strohhalm und den Papierkügelchen sowie Wasserballons und Wasserpistolen sind auch Geschichte. Sicher ist sicher. Spielen wir halt alle Schach, eh besser für den Grips....ach nein, nicht, dass einen ein Strategiespiel noch auf dumme Gedanken bringt.


    Um auf Hunde zurückzukommen, wenn der Schutzhundsport weg ist, gibt es immer noch genau so viele miese Hundehalter wie vorher, ganz sicher keinen weniger. Das Problem wird nicht kleiner, die Vorurteile auch nicht. Dann sind das eben nicht die Hunde die zum Vergnügen beissen, dann waren das die Hunde die zum Vergnügen gebissen haben und eben weiter gefährlich sind, muss so sein, diesen komischen Sport hat man ja nicht ohne Grund verboten. Kann man den Schäferhund gleich mit verbieten.


    Was dieser Sport und seine enge Verbindung zur Zucht aber gebracht haben, sind Schäferhunde wie wir sie kennen und lieben. Ohne Züchter und Hundesportler die viel Zeit, Liebe und Herzblut in ihre Hunde und den Sport mit ihnen gesteckt haben, wäre der Schäferhund heute nicht was er ist. Und wie wir ihn haben wollen, würden uns seine Eigenschaften nicht ansprechen, wären wir ja alle nicht hier.


    Wie man das Problem mit schlechtem Schutzdiensttraining löst, tja, ich hab keine Ahnung, da müssen klügere Köpfe mit mehr Erfahrung ran. Vielleicht über den Ehrgeiz der Sportler? Was mich brennend interessieren würde, und ich hoffe der eine oder andere Auskenner hier findet die Zeit für eine Antwort, kann ein so schlecht ausgebildeter Hund ohne liebevolle Bindung überhaupt ganz oben mitspielen? Ist das möglich, oder bleibt es in dem Fall eher bei mittelmäßig und ohne Aussicht auf einen Sieg bei den großen Veranstaltungen? Ich meine ein User hat hier mal einen sehr interessanten Beitrag verfasst, in dem er/sie angesprochen hat, für viele Hunde wäre da Schluss, wo der Helfer keine dem Hund bekannte Person ist. Ich hoffe ich erinnere mich jetzt nicht falsch, wenn doch, bitte korrigiert mich. Entspringt das dafür nötige Selbstvertrauen nur den Genen oder auch der Haltung und Ausbildung. Ich finde den Beitrag leider gerade einfach nicht, er müsste aber aus den letzten Wochen sein. Ich bin sehr gespannt.


    LG

    Babsi & Tilli (mehr Schmutzhund als Schutzhund :rolleyes:)

    Witzig, dass du das erwähnst Terrortöle , ich hab auch die Erfahrung gemacht, je ländlicher desto entspannter. Wir haben hier auch einen recht großen Hundeauslauf, ist halt manchmal etwas chaotisch, aber im Grunde friedlich.


    Solange Nika keinen anderen Hund bedrängt oder ungebremst in Hund und Mensch kracht, vergiss solche Leute einfach. Manche Leute suchen einfach Streit.


    LG

    Babsi & Tilli

    Huhu,


    willkommen in der Welt des ganz normalen Wahnsinns! Schnapp dir einen Lavendeltee und eine beruhigende Duftkerze deiner Wahl! Nein, ganz im Ernst, ich hab das zu Anfang auch völlig unterschätzt. Leider hat der Schäfi scheinbar wirklich einen schlechten Ruf. Und ungefragte Kommentare sind da leider unvermeidlich. Ich kann dir nur ein dickes Fell und selektive Taubheit empfehlen. Zu manchen Leuten muss man gar nichts sagen, die kann man einfach so stehen lassen.


    Wenn sie im Hundeauslauf gut hört, sehe ich keinen Grund sie anzuleinen. Andererseits könnte es durchaus sein, dass ich in so einem Fall das Feld räume, weil ich den anderen HH und ihren Hunden nicht mehr über den Weg traue. Wer weiß, ob deren Hunde nicht Streit suchen und hinterher hat man x Zeugen dafür, dass der Schäfi angefangen hat. Ja, ich bin ein schlimmer Rennweg....


    Versuch das nicht an dich ran zu lassen, du kennst deine Maus und weißt was du an ihr hast. Wenn die anderen ein Problem damit haben, können sie es behalten, ist ja ihres. Mich trifft es auch immer bis ins Mark, wenn einer was gegen Tilli sagt. Tut irgendwie richtig weh. Aber ich glaube fast, dass da jede Diskussion überflüssig ist. Ich ignoriere inzwischen, tief durchatmen, entscheiden ob das hier noch das richtige Umfeld für eine entspannte Hunderunde ist und ggf. weitergehen.


    Du widerlegst aber gerade die These, dass die Leute weniger Angst haben, wenn man zu einem großen Hund noch einen kleinen dabei hat. Eigentlich sollte Oskars Anwesenheit beruhigend wirken.


    LG

    Babsi & Tilli

    Ergänzend sei erwähnt, dass solche Schulstunden ganz schön was mit mir machen. Mein Hund ist "nicht normal" wenn sie mich beisst und also bin ich als verantwortlicher Hundehalter unfähig. War ja auch die erste, entsetzte Frage der Züchterin "Was hast du mit dem Hund gemacht!?"


    Und das vergiss bitte, bitte, bitte ganz schnell wieder. Ich glaube weder daran, dass dein Hund nicht normal ist, noch daran, dass du unfähig bist. Ganz bestimmt nicht. Ansonsten werden wir zwei Gründungsmütter der Vereinigung der Abnormen und Unfähigen. Als Tilli fünf bis sechs Monate alt war, sahen meine Arme fürchterlich aus. Ich hab nur lange Ärmel getragen, damit keiner auf die Idee kommt, der Gatte und ich kloppen uns durchs Leben. Die war wie ein Kessel, der 27/7 Überdruck hat. Wenn irgendein Reiz die hochgepusht hat, wusste sie einfach nicht wohin mit ihrer Energie.


    Und jetzt lehn ich mich als Neuling weit aus dem Fenster, ich leg schon mal die Beisswurscht hier hin, können mir die Profis und alten Hasen bei Bedarf über die Rübe ziehen. Ich bitte sogar darum, wenn ich Schwachsinn schreibe! Nicht jeder Hundetrainer kann mit dieser Art Hund umgehen und arbeiten. Als wir für Tilli eine Hundeschule gesucht haben und zu Probestunden gegangen sind, hätte man mir! (mir, nicht dem Hund) zwischenzeitlich eine völlige Artgenossenunverträglichkeit attestieren können. Und noch heute bin ich nur sehr bedingt Hundetrainerverträglich. Wir haben da Dinge erlebt, die glaubt man nicht. Vor allem aber, wird immer gleich der Teufel an die Wand gemalt, funktioniert ein junger Schäferhund nicht sofort, geht man gleich von einem Problemhund aus, ohne genauer hinzuschauen. Und das macht genau das mit dem Hundehalter, was du oben beschreibst. Mich hat mal so eine Person am Telefon nach Nennung der Rasse und des Alters von Tilli (damals 13 Wochen) angeschrien, ich würde mir einen gefährlichen asozialen Angstbeisser ranziehen. In dem Alter lernen die nix (!!!) mehr, nie wieder. Ich habe danach da gesessen und geheult, mit meinem Welpen auf dem Schoß. Ich hatte vor mancher Stunde Hundeschule das Gefühl, ich muss meine Examen noch mal schreiben. Und wie du richtig schreibst, überträgt sich das ungefiltert auf den Hund. Der kommt schon mit Adrenalin bis unters Dach auf dem Platz an und kann nicht mal einordnen, warum wir uns jetzt so aufregen. Aber wir regen und auf und da macht Hund halt mit. Hundetraining soll aber Spaß machen, für Mensch und Hund. Und lernen ist einfach nur in einem entspannten Umfeld möglich. Da muss Mensch sich gut betreut, verstanden und aufgehoben fühlen. Diese Stunden wo ich mich mies gefühlt habe waren übrigens so hilfreich wie ein sechster Zeh beim Schuhkauf.


    Ich finde das Vorgehen von deiner jetzigen Trainerin schon etwas fragwürdig. War das die erste Übung in Sachen Impulskontrolle? Was wurde vorher in dieser Richtung trainiert? Wenn das die erste Übung in dieser Richtung waren, dann kannst du vor Stolz gleich mal zehn Zentimeter wachsen, dass sie zu dir gekommen ist. Was auch immer die Trainerin interessantes in den Fingern gehabt hätte, hätte binnen Sekundenbruchteilen mein Hund zwischen den Zähnen gehabt. Da mach ich mir keine Illusionen, was die 5 Monate alte Tilli angeht.


    Dass ihr dann richtig Party gemacht habt, finde ich gut. Zum einen als Belohnung, zum anderen muss der angestaute Dampf aus dem Hund. Dass sie dich aber dann mit völlig überdrehtem Hund alleine gelassen hat, finde ich eher mäßig begeisternd. Gut, dass du dich mit einem neuen Trainer in Verbindung gesetzt hast, ich drück dir die Daumen, dass ihr da einen guten Trainingspartner an euer Seite findet, das ist Gold wert.


    Was ich lange nicht konnte, war Tillis Schäferhundtemperament zu verstehen. Ich muss jetzt leider ein wenig ausholen. Ich bitte meinen Wortschwall hier zu entschuldigen, aber das berührt mich irgendwie so, weil das bei uns ganz genau so war und ich das Gefühl hatte, viele Trainer hätten es nur noch schlimmer gemacht. Ich war einfach nur verzweifelt an manchen Tagen. Tilli ist mein erster eigener Hund und der erste Schäfi in der Familie überhaupt. Ja genau, sie wusste nicht was sie tut. Was brauchte ich auch einen Hund, deren Vorfahren im Oldenburger Land Schafe hüten. Den Spitznamen Landtorpedo, hat sie sich in ihren ersten Lebenswochen schon verdient. Und absolut nicht zu Unrecht. Die hat nun mal eine Reizschwelle in Nanometerhöhe und eine Reaktionszeit von "jetzt". Die denkt schnell und handelt schnell. Dazu einen eisernen Willen jeder Widrigkeit zum Trotz ihr Ziel zu erreichen. Schmerzempfinden in dem Zustand? Was war das gleich noch mal? Ich bin meiner Tierärztin heute noch für die Erklärung dankbar, und die arme Frau Doktor musste sich oft wiederholen. Das Paket ist schon bei Welpen und Junghunden vorhanden, gepaart mit der Fähigkeit zur Selbstkontrolle eines Kleinkindes. Das ist nun mal Schäferhundkind. Erfahrene Schäfihalter haben damit wohl eher keine Probleme mehr und haben sicher auch schnellere Erfolge, aber mir hat das damals den Rest gegeben. Zusammen mit den düsteren Vorhersagen sogenannter Experten <X. Viele Hundetrainer haben einfach zu wenig Erfahrung mit diesem Temperament, also wird dem Halter der schwarze Peter zugeschoben. Und der Rasse.


    Wir haben einen jungen Sennenhund im Bekanntenkreis. Angeblich sehr verspielt und temperamentvoll. Als ich den kennengelernt habe, muss ich ehrlich sagen, ich war platt. Wie kann ein junger Hund so langsam und schwerfällig sein. Bis der Hund in den Tritt kommt hat Tilli schon drei Runden über die Wiese gedreht, einen Haufen gelegt, mir den Weg zum Mülleimer gezeigt, sich gewälzt und steht hibbelnd vor mir, frei nach dem Motto: Mama, mach was, langweilig! Zu dem Zeitpunkt hat der Senner seine Überlegungen abgeschlossen und setzt sich in Bewegung 8|. Das ist ein süßer kleiner Kerl, aber nachdem ich Tilli gewöhnt bin stünde ich mit dem kleinen Mann beim Tierarzt mit der Laiendiagnose "kurz vor Koma". Es gibt gewaltige Unterschiede bei den Hunderassen. Aber wären Schäfis anders, könnten sie die vielen Aufgaben nicht erfüllen, die sie nun mal erfüllen, ob an der Herde, als Diensthund oder im Sport. Mit unterschiedlichen Rassen muss man eben unterschiedlich arbeiten.


    Und dafür brauchts halt den richtigen Trainer der ohne euch Angst zu machen mit euch arbeitet. Bei uns war der Schäfiverein da sehr hilfreich, wir hatten Glück und da zwei tolle Trainer erwischt, die sich von dem Milchzahnrowdy nicht aus der Ruhe haben bringen lassen und von dem völlig überdrehten Frauchen auch nicht. "Die müssen so", war da die erleichternde Feststellung über Tilli. Man fand sie sogar vom Wesen her sehr gelungen und bescheinigte uns eine gute Bindung. Hatte vorher noch keiner gesagt. Aber es gibt sicher auch Trainer außerhalb von Hundevereinen, die das nötige Wissen mitbringen. Ich will hier nicht alle Hundetrainer schlecht reden.


    Ich finde ihr macht das mit Idas beissen gar nicht mal so schlecht, es dauert halt nur ein wenig, weil sie das ganze nun schon mal als Strategie sieht um sich abzureagieren. Aber die Auszeiten und aus der Situation raus nehmen machen ihr langsam klar, dass sie mit dem Verhalten eben nicht zum Ziel kommt. Ich glaube da braucht es noch viel Geduld eurerseits. Für Tilli war immer der Spaß vorbei, wenn sie mit der Schnute zu grob wurde. Für sie war das ganze einfach nur ein sehr ruppiges Spiel, das Spaß gemacht hat und an dem man sich gut austoben konnte, denn Mensch rangelt mit. Die bekam auch ihre Auszeit an der Hausleine und gut war. Möglichst ohne Gerangel und viel Tamtam. Gesänge habe ich so gut es ging ignoriert. Ist dann Ruhe eingekehrt, hab ich den kleinen Teufel wieder befreit. Bei Tilli war das etwas weniger ausgeprägt als bei Ida, deshalb maße ich mir auch nicht an zu sagen, das sei jetzt die Lösung. Vielleicht hat euer neuer Trainer da noch deutlich bessere Ideen.


    Was ich mir aber anmaße ist zu sagen, wenn ihr schon mit einem schlechten Gefühl zum Training geht und mit noch einem schlechteren Gefühl da raus geht, dann seid ihr da vielleicht falsch. Wenn ihr da alleine gelassen werdet, weil das Temperamt gerade überschwappt, dann finde ich persönlich das eher demotivierend als hilfreich. Und wenn das Gefühl schon in Richtung Unfähig und Unnormal geht ist das alarmierend.


    So, ich hab fertig :) die Beisswurscht liegt oben! Und ja, meine Impulskontrolle ist gelegentlich mal mies, deshalb das lange Geschwafel hier, aber Tilli arbeitet daran.


    Lass dich nicht unterkriegen!

    LG

    Babsi & Tilli

    Ja stimmt, das hatte ich völlig vergessen. Über ein halbes Jahr wollte Tilli auch nicht alleine auf der Rückbank sitzen, da musste immer einer neben sitzen. Sonst wurde auch stark gejammert. Inzwischen ist ihr das egal, einer von uns als Chauffeur Service reicht völlig aus. Madame thront angeschnallt auf der Rückbank, da wo die wichtigen Persönlichkeiten sitzen :D und kommentiert gelegentlich das Fahrgeschehen.


    LG

    Babsi & Tilli