Natürlich
Ich weiß nicht ob dir die Vorgeschichte wirklich so viel bei der Bewältigung der Probleme helfen wird.
Ich würde eher versuchen nach vorne zu schauen, oft halten wir an Problemen aus der Vergangenheit gedanklich fest und geben damit dem Hund nicht die optimale Chance sich mit der neuen Situation anzufreunden.
Hunde leben eher im jetzt als wir und machen sich keine Gedanken warum etwas so ist wie es ist.
Natürlich hast du damit völlig recht. Hunde leben im hier und jetzt. Aber ich denke in unserem konkreten Fall könnte so manches Detail vielleicht Klarheit in unverständliches Verhalten des Hundes bringen.
Ich schildere hier noch mal genau unsere Geschichte:
Mäusle wurde im Alter von 5 Monaten gemeinsam mit ihrer Schwester (gleicher Wurf) angekauft, um mit ihr zu züchten. Bei der neuen Besitzerin haben sich dann Lebensumstände geändert, sodass die beiden Hündinnen in einem Zwinger im Keller!!! abgestellt wurden. Freilauf gab es nur in einem Gehege mit Australien Cattle Dogs.
Ich glaube sie durften zumindest hin und wieder in die Wohnung der Frau.
Ca 10 Monate (November oder Dezember 2017) hat die Frau dann die Schwester meiner Hündin verkauft. Und da sie selbst schon ein schlechtes Gewissen wegen der Haltung hatte, meine Hündin dann für 3 Monate bei einer Freundin untergebracht. Dort lebte sie ebenfall mit 3 Cattle Dogs zusammen. Ein etwas ausgefranstes Ohr läßt darauf schließen, dass es da schon auch hart zuging.
Im Jänner 2018, da war sie wieder zurück bei ihrer eigentlichen Besitzerin, hab ich Mäuschen dann das erste Mal kennengelernt. Insgesamt habe ich sie 3 mal besucht bis ich sie auf Probe mit nach Hause genommen hab.
Bei meinen Besuchen bei ihr, war nichts mit ihr anzufangen solange ihre Besitzerin daneben stand, sie hat nur nervös herumgebellt. Nur Leckerlies hat sie sich geholt und dann doch auch streicheln lassen. Beim anschließenden spazieren gehen, war sie sehr interessiert an mir und hat auch schnell gelernt.
Man muss dazusagen sie kannte gar nichts. Kein Sitz, kein an der Leine gehen, hat sich die Türen selbst aufgemacht, ist auf die Küchenanrichte hinauf um Essen zu klauen etc. ihr kennt das ja. Keinerlei Impulskontrolle.
Den Abholtermin haben wir dann telefonisch ausgemacht. Und da muss ebenfalls in der Zwischenzeit etwas passiert sein. Sie hat sich nicht mehr mit Leckerlies ködern lassen und schon gar nicht mehr streicheln lassen.
Zuhause hat sie dann innerhalb von Stunden zutrauen zu mir gefasst und weicht seither nicht mehr von meiner Seite. Sie kann gar nicht genug Streicheleinheiten bekommen, nach 2x Pfui waren auch alle ihre Unarten erledigt. Sie versucht einfach nur mir alles recht zu machen. Wir sind zuerst Wochen nur im Garten geblieben, weil sie bei allen Umweltgeräuschen zusammenzuckte. Alles machte ihr Angst. Sie hat jeden der kam furchtbar angebellt und geknurrt, dann aber immer Schutz bei mir gesucht oder ist im Garten davon gelaufen. Auch das haben wir mitlerweile gut hingekriegt. Sie schlägt kurz an, und beruhigt sich dann an meiner Seite.
Draußen war dann jeder Mensch dem wir begegneten eine Aufregung, Radfahrer, Kinder Geräusche ... sie kannte gar nichts. Alles war purer Stress für sie. Und so haben wir uns ganz ganz langsam über Monate an die Dinge herangetastet und dabei kontinuierlich Fortschritte gemacht.
Aber und jetzt kommts, Mäusle weicht nachwievor vor jedem Menschen zurück. Auch vor meiner Mutter, die bei mir im Haushalt wohnt. Seit Beginn lockt sie sie mit Leckerlie was dann auch nach Monaten immer noch so aussieht:
Mäuschen nähert sich ihr nur wenn ich dabei bin, sonst bellt sie nur wenn sie ihren Namen ruft oder knurrt sogar.
Wenn sie sich dann überwindet, dann macht sie sich ganz lang um mit der Schnautzenspitze das Leckerlie zu erwischen, und dann gleich wieder zu flüchten. Dann dreht sie ein paar nervöse Runden im Zimmer, bis sie sich wieder überwinden kann sich doch ein Leckerlie zu holen. Sie fragt mich im Grunde auch immer um Erlaubnis, ich schick sie dann immer zur Omi und lobe sie, wenn sie sich ein Leckerlie abholt. Sobald meine Mutter irgend etwas in der Hand hält, z.B. die Futterschüssel ist es aus und vorbei. Sie muss genau auf ihre Körperhaltung achten, darf nichts dabei sagen und die 2. Hand muss immer möglichst weit weg sein. Sobald meine Mutter steht oder geht flüchtet sie vor ihr, bzw. weicht ihr großräumig aus. Das bedeutet nichts anderes, als dass dieses arme Mäuschen seit 8 Monaten in dieser fruchtbaren Stresssituation lebt. Wo sie sich auch zu Hause immer wieder fürchten muss.
Meine Sorge ist wirklich, dass sie krank wird, wenn wir diesen Dauerstress nicht bald in den Griff kriegen, man merkt jetzt schon, dass ihr der Magen und die Verdauung immer wieder Probleme bereiten.
Und jetzt noch ein Paradoxon: In ganz seltenen Momenten, wenn ich ganz nah neben meiner Mutter sitze, nähert sie sich schnuppert an deren Gesicht und lässt sich ein ganz klein wenig streicheln. Um dann im nächsten Augenblick wieder vor ihr zu flüchten.
Und so ist das mit allen Menschen. Sie läßt nur mich an sich heran, und weicht nicht von meiner Seite.
Ich würde mir keine solche Sorgen machen, wenn sie die Angst nur bei Besuchern zeigen würde. Aber meine Mutter lebt mit uns zusammen und mein armes Mäuschen fürchtet sich und fürchtet sich und fürchtet sich...
Bin gespannt was euch dazu einfällt.