Ein Hund ist immer mit den Trieben und Veranlagungen ausgestattet, mit denen er gezüchtet wird. Und massgeblich für das, was man züchtet, ist die Selektion.
Achte ich bei der Selektion auf gute Arbeitsveranlagungen (zu denen nicht nur Trieb, sondern auch Nervenstärke und Belastbarkeit gehören), dann wird meine Nachzucht auch zum überwiegenden Teil damit ausgestattet. sein. Interessiert mich dieser Aspekt aber bei der Zuchtselektion überhaupt nicht, weil ich nur auf äusserliche Kriterien hin selektiere, dann ist es eher Zufall wenn meine Nachzucht gute Arbeitsveranlagungen mit sich bringt.
Bedeutet unter'm Strich: Ich kann einen Cocker Spaniel aus Zuchtlinien kaufen, die seit Generationen nur auf Schönheit und Champion-Titel hin selektiert wurden, und dieser Cocker Spaniel entwickelt sich trotzdem zu einem guten und motivierten Jagdhelfer. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass ich einen solchen Hund eher aus einer Jagdgebrauchslinie erhalte, ist um ein Vielfaches grösser.
Genau so ist das beim Deutschen Schäferhund: Selektiere ich auf Gebrauchstüchtigkeit hin und spielen Showerfolge für mich persönlich keine Rolle, dann wird es auch einzelne Hunde in der Nachzucht geben, die keine so tollen Arbeitsveranlagungen haben. Aber der grössere Teil wird, entsprechende Aufzucht und Ausbildung voraus gesetzt, gute Leistungsveranlagungen tragen. Selektiere ich aber rein auf das Aussehen der Hunde hin, dann werden durch Zufall auch Hunde in der Nachzucht sein, die zumindest für den Sport ganz brauchbar sind, aber die Wahrscheinlichkeit, einen richtig guten Arbeitshund zu züchten, ist doch sehr viel niedriger als wenn ich auf die Gebrauchshundqualitäten hin selektiere.
Und nein, was ein Hund genetisch nicht mit bringt, das kannst Du ihm nicht antrainieren. Du kannst nur ausreizen was der Hund hat. Fehlende Nervenstärke, fehlender Beutetrieb, mangelhafte Triebbeständigkeit kann nur in sehr geringem Ausmass durch gutes Training ausgeglichen werden. Das mag im Einzelfall für das Bestehen einer Prüfung im Ortsgruppenbereich ausreichen, aber so ein Hund würde z.B. nie ein verlässlicher Betäubungsmittel- oder Sprengstoffspürund werden.
Der Spruch mit den Grauen und den Schwarz-Gelben stammt übrigens daher dass die meisten Hochzuchthunde schwarz-gelb und viele Leistungshunde grau sind. Den darfst Du aber nicht wörtlich nehmen, denn es gibt auch (wenige) graue Hochzuchthunde und viele schwarz-gelbe Leistungshunde. Zudem ist nicht jeder Hund aus Leistungslinien automatisch ein guter Arbeitshund, und nicht jeder Hund aus Hochzuchtlinie ist automatisch ein schlechter Arbeitshund. Nur die Wahrscheinlichkeiten sind halt entsprechend.
Zudem hängt "gut" und "schlecht" in diesem Zusammenhang immer von den Erwartungen des Hundehalters ab. Reicht es mir mit meinem Hund ab und zu mal an einer Ortsgruppenprüfung teil zu nehmen? Dann kann ein Hund für mich "gut" sein, der einem anderen Hundeführer nicht "gut genug" ist, weil dieser z.B. auf nationalen und internationalen Prüfungen starten möchte oder einen Dienstschutzhund sucht.