Sollte man Hunderassen ihre Besonderheiten "wegzüchten"?

  • Könntest du das ausführlicher beschreiben?

    Das steht ja eigentlich in dem Text von Skogster. Ein "Brecher" braucht vielleicht mehr Geduld, andere Motivation, kleinteiligeres Arbeiten, als ein sensiblerer, flexiblerer Hund. Wenn der Halter bisher 3 lustige people-pleaser an der Leine hatte, kommt er halt mit so einem Modell an seine Grenzen und wird bockig weil "ich hab schon 3 Hunde international geführt, ich weiss wie das geht und der Köter verarscht mich hier".

  • Danke für deutlichere Beschreibung. :)


    Also sollte man das wegzüchten oder beibehalten und lernen wie man damit umgeht?


    Ich glaube generell sind es nicht die Mehrheit der Leute die einen komplizierten Hund haben und damit nicht gut klarkommen sondern "es gibt Leute die einen komplizierten Hund haben und sich damit schwertun"


    Heutzutage wenn wir Extrembeispiele sehen, neigen wir dazu zu glauben, dass es sich dabei um den Normalfall handelt. Wir generalisieren und glauben, dass es immer so ist wie in den Extrembeispielen. Ja, im Gegensatz zum Hund generalisieren Menschen unmittelbar.


    Wie gesagt, ich finde Hunde sollten weiterhin mit ausgeprägten Trieben gezüchtet werden. Extreme Nervenwracks zählen tendenziell zu den Linien wo man schon versucht hat was wegzuzüchten was üblicherweise im Hund sein sollte, oder auf natürliche Ausrutscher der Genetik, Züchterirrtum oder ungünstige Umwelteinflüsse.


    Ausserdem, was bringt es wenn wir nur noch Hundetemperamenteinheitsbrei haben, alle gleich knuffig fluffig, passend zur Wattebauschkultur in der Jungen keine Jungen mehr sein dürfen und Hunde halt keine Hunde.

  • Und ich bringe jetzt noch den Aspekt "Epigenetik" mit ins Spiel... 8) Es gibt Würfe in denen alle Hunde ähnliche gute Wesenszüge und Triebveranlagungen hatten. Und dann verkauft der Züchter die Hündin (oder gibt sie in Zuchtmiete) und ein oder zwei Jahre später lässt der andere Züchter die selbe Hündin vom selben Rüden noch einmal decken. Und die Hunde aus diesem Wurf unterscheiden sich dann im Wesen (z.B. ihrer Nerventätigkeit und nervlichen Belastbarkeit) deutlich von den Hunden des ersten Wurfes... Hat es so gegeben...


    "Nervliche Belastbarkeit" und Aktion/Reaktion in Bezug auf Umweltreize und soziale Interaktionen ist immer auch abhängig davon ob ein Individuum viel oder wenig Stress oder gar Angst empfindet und ob und wie schnell sein Organismus hormonell dagegen ansteuern kann. Inzwischen weiß man dass diesbezügliche Lebenserfahrungen weiter "vererbt" werden können.


    Von daher sollte man es sich, basierend auf dem diesbezüglichen heutigen Wissen, gut überlegen ob man einen Welpen wählt oder einen Deckrüden, bei dem man weiß dass ein Eltern- oder Großelterntier mit Hilfe von extremen Starkzwang ausgebildet wurde und/oder unter Bedingungen leben musste die starken Stress bei den Hunden ausgelöst haben (z.B. große Zwingeranlagen mit entsprechend permanenter Unruhe für die Hunde).


    Und auch der Diskussion über die durch die sog. "Hunde-Mafia" in ausländischen Drecksställen unter unsäglichen Lebensbedingungen produzierten und ins Land geschmuggelten Welpen würde es gut tun wenn der Aspekt Epigenetik mit in den Fokus der Öffentlichkeit rücken würde. Otto Normalverbraucher muss klar werden dass ein Welpe nur dann zu einem nervenstarken und sozialverträglichen Hund heran wachsen kann wenn nicht nur seine Mutter, sondern auch seine anderweitigen Vorfahren ihr Leben nicht in Angst und Schrecken und unter Entbehrungen und großem Stress verbringen mussten.


    Von daher muss es nicht unbedingt eine andere Genetik sein (in Bezug auf die wesensmäßigen Veranlagungen) die aus einem Hund einen dominant agierenden Hund macht, der im Schutzdienst konsequent, aber nicht "spektakulär" arbeitet. Oder einen Hund der aufgrund einer höheren Nerventätigkeit blitzschnell reagiert und dadurch spektakulär "sticht" (also mit blitzschnellen Anbissen) und der bei der "langen Flucht" sein Tempo vor dem Helfer noch einmal deutlich erhöht, was dann einen spektakulären Anbiss ergibt (frei nach dem Motto "Rette sich in den Ärmel wer kann, bevor es irgendwie gefährlich wird."). Da können, neben der Genetik, tatsächlich auch die Lebenserfahrungen der Eltern, Großeltern, Urgroßeltern mit rein spielen.


    https://www.kinderhilfswerk.at…rungen-vererbt-werden.pdf


    Epigenetik: Mäusekinder erben Erfahrungen der Großeltern
    Vererbung über drei Generationen: Opas Furcht vor einem Geruch beeinflusst noch seine Enkel. Grund ist die so genannte epigenetische Vererbung.
    www.spektrum.de


    Narben im Erbgut - Trauma vererbt sich über vier Mäuse-Generationen
    Kriegserlebnisse, Hungersnöte oder auch persönliche traumatische Erfahrungen – man vermutet, dass die damit zusammenhängenden Ängste und Gefühle in unserem…
    www.deutschlandfunk.de
  • Waschbär , Du hast der mit der Epigenetik einen sehr interessanten Aspekt in die Diskussion mit eingebracht. Aus eigener Betroffenheit haben wir in meiner Familie diesen Aspekt gerade vor einiger Zeit auch diskutiert. Denn dieser Aspekt betrifft ja nicht nur die Tierwelt sondern auch uns Menschen. Die Erfahrungen unsere Eltern und Großeltern z.B. während der beiden Weltkriege, sind quasi in unserem Erbgut mit "eingebrannt" und bewirken so vieles (i.d.R. leider nichts Gutes :( ). Aber ich möchte diesen Faden nun damit nicht sprengen. Es war mir nur wichtig, einmal noch explizit daraufhin zu weisen.

  • Gerade entdeckt! Ein neues Podcast mit Michael Ellis über Genetik von Sporthunden etc !!!

    Habs noch nicht angehört aber kanns kaum erwarten!!! :) :) :) Er weiss einfach so viel und kann unheimlich gut erklären. Top!


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  • Wie meinst du das, kann gerade den Zusammenhang nicht erkennen

    Das man einsehen muss, dass man eine Rasse einfach nicht haben kann.

    Man kann noch so schmollen und bockig mit dem Fuß aufstampfen, ein Gebrauchshund wird ein Gebrauchshund bleiben und nicht zum anspruchslosen Selbstläufer in der Hochhauswohnung mit 50 Minuten Auslauf am tag mutieren, nur weil man es eben grad will, weil die Optik so schick ist.

  • Also sollte man das wegzüchten oder beibehalten und lernen wie man damit umgeht

    Ich möchte kurz klarstellen dass ich hier von 2 verschiedenen Dingen geredet habe: Der DSH an sich, so wie er ist und sein soll, soll es natürlich weiterhin geben, da braucht man nix wegzüchten und auch dass es verschiedene Ausprägungen in den Triebverablagungen gibt ist gut so. So kann sich innerhalb einer Rasse jeder das rauspicken was er braucht.

    Diese extremen Hunde braucht es meiner Meinung nach ebenfalls. ABER: Manche Hundler wollen so einen extremen Hund, aber ihr eigener Ausbildungsstand ist dem halt nicht gewachsen. Dann kommt es zu unschönen Bildern, die kein Mensch braucht.

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    Ab Minute 07:20 beschreibt er, wie überrascht er über die Eigenschaft des Malonois war und dann kommt eine Beschreibung der Ausbildung "von früher". Super interessant!


    Ergänzung: Das ganze Video ist mega :)

    Einmal editiert, zuletzt von Pepper ()

  • Waschbär wenn es für jemanden der auf Hundesuche ist, schon nicht möglich ist anhand der Working-Dog oder SV-Docx-Profile etwas herauszulesen, das für ihn relevant sein könnte, wie soll derjenige dann auch noch auf Epigenetik Rücksicht nehmen können?
    Es ist schlicht unmöglich die Lebensumstände aller Eltern und Grosseltern zu kennen oder herauszufinden. Das wird vielleicht mal in einem Einzelfall gehen wo ein Züchter nur das verpaart was er am Hof oder in unmittelbarer Nähe hat. Aber dann hört's auch schon auf. Und jetzt erzähl mir nix von wegen "muss man sich halt Mühe geben". Die Väter und Grosseltern stehen zum Teil (und nicht zum unerheblichen Teil) in Tschechien, Polen, der Slowakei, Dänemark, Schweden oder Belgien. Da gurkt kaum ein Privatmensch oder auch kaum ein Hundesportler durch ganz Europa um zu gucken wie der Urgrossvater von einem potentiellen Welpen an 2 Tagen in denen man es sieht, lebt. Du wirst mir ja nicht erzählen wollen, dass Du als Züchterin Dir die Lebensgewohnheiten des Rüden, dessen Eltern und dessen Grosseltern genauestens angesehen hast.

    Also was nützt uns das dann? Nix, ausser dass man halt weiss dass die Epigenetik auch eine Rolle spielen kann und wenn man einen Hund hat der Gitter hasst, könnte der einen Vorfahren gehabt haben der permanent hinter Gittern war und da seinen Frust abgelassen hat.
    Aber für die Auswahl eines Wurfes/Welpen kann das keine Rolle spielen denn das ist einfach nicht nachzuvollziehen. Ausser man ist vor 50 Jahren ins Geschäft eingestiegen und kennt seither alles und jeden. Und das wird wohl bei niemandem der Fall sein.

  • GeierWally, ich habe Waschbär s Beitrag nicht so verstanden, dass nun jeder Welpenkäufer epigenetische Aspekte berücksichtigen MUSS, sondern einfach mal als Hinweis, dass man das in seine Überlegungen beim Kauf eines Welpens mit einbeziehen kann.

  • GeierWally, ich habe Waschbär s Beitrag nicht so verstanden, dass nun jeder Welpenkäufer epigenetische Aspekte berücksichtigen MUSS, sondern einfach mal als Hinweis, dass man das in seine Überlegungen beim Kauf eines Welpens mit einbeziehen kann.

    Ja, ich auch. Ich denke es war ein Hinweis darauf, dass eben noch mehr Einflüsse hinzukommen als die tatsächlich genetischen und dass man eben auch bei noch so pingeliger Auswahl der Zuchttiere nicht 100% alle Aspekte wissen kann, WENN man aber solche Umstände bei einem Muttertier KENNT, dann hat man die Möglichkeit das mit in Betracht zu ziehen.


    Da kommt allerdings noch hinzu, dass gewisse Ausseneinflüsse auf unterschiedliche Hunde auch unterschiedliche Wirkung haben. Der eine steckt es besser weg als der andere. Was der eine kaum verkraftet, rührt den anderen kaum. Der eine Hund kann mit Starkzwang ausgebildet sein und das nervlich gut weggesteckt haben, während der andere Hund ständig nervlich ausgerastet ist, jedesmal wenn der Postbote und häufige Besuche kamen, obwohl er im Haus leben durfte.


    Von daher sind auch diese Aspekte sehr schwer zu beurteilen oder in Betracht zu ziehen.

  • In solchen Diskussionen geht manchmal einfach unter, dass es sich bei Hunden schlicht um Lebewesen handelt.

    So sehr ich mich bemühe, ich kann mir da nichts konfigurieren und bestellen.

    Wie sorgsam ich auch auswähle und mich informiere, ich bekomme ein INDIVIDUUM, das auf Grund seiner Abstammung vielleicht eine gewisse Disposition für dieses oder jenes mitbringt, aber eine Garantie, dass das tatsächlich durchkommt, gibt es nicht.


    Wie ähnlich seid ihr euren Vollgeschwistern?! Habt ihr die selben Krankheiten? Seht ihr gleich aus? Habt ihr exakt den gleichen Charakter (ihr habt ja die selben Eltern und seid gleich aufgewachsen, also selbe Genetik UND Epigenetik!)?

  • Der eine Hund kann mit Starkzwang ausgebildet sein und das nervlich gut weggesteckt haben, während der andere Hund ständig nervlich ausgerastet ist, jedesmal wenn der Postbote und häufige Besuche kamen, obwohl er im Haus leben durfte.

    Der eine Hund kann mit Starkzwang UND HIRN ausgebildet sein und der andere kann den halben Tag auf dem Sofa gelegen haben und dann wieder ohne Sinn und Verstand die Zeitung über die Rübe gezogen bekommen haben.

  • Der eine Hund kann mit Starkzwang ausgebildet sein und das nervlich gut weggesteckt haben, während der andere Hund ständig nervlich ausgerastet ist, jedesmal wenn der Postbote und häufige Besuche kamen, obwohl er im Haus leben durfte.

    Der eine Hund kann mit Starkzwang UND HIRN ausgebildet sein und der andere kann den halben Tag auf dem Sofa gelegen haben und dann wieder ohne Sinn und Verstand die Zeitung über die Rübe gezogen bekommen haben.

    Ja, genau!!