Kann man Hunden "Feinfühligkeit" antrainieren?

  • Hallo Ihr Lieben,


    heute morgen, kleines im Haus Training vor der Arbeit und ich schiebe mal wieder Frust X/ Daher hier mal die Frage ob und wie ich sowas "bearbeiten" kann:

    Lexy ist ein Hund Typ "Rampensau ich bretter in alles rein und über alles drüber" - was sich im Prinzip in fast allen Lebensbereichen zeigt. So auch in diversen Trainingssituationen - heute beim Clicker-Target-Bodentraining zeigt. Da werden die Pfoten mit voller Wucht auf das Target geschmissen - das Target fliegt durch den halben Raum. Bei Rückwärts aufs Target gehen wird dieses ebenfalls quer durch den Raum geschleudert. Beim Verweisen von Gegenständen wird Körper oder Pfote auf den Gegenstand geschmissen, anstatt da mal ein bischen "Feinfühlig" zu sein.

    Bewegungsfrei stehen bleiben ist schon ne Übung für sich.

    Natürlich will sie mitmachen und so drehen wir uns ab und an mal in dieser Spirale die dann entsteht von wildem hin und her weil sie will aber nicht kann - kommt vor, ist aber nicht das Thema was mich grad beschäftigt.

    Es geht mir darum, kann ich das in irgendeiner Form antrainieren, dass sie vorsichtiger /feinfühliger Sachen durchführt? Wenn ja wie?


    Beim Leckerlie nehmen kennt sie "Vorsichtig" und sie nimmt das Leckerlie dann eben vorsichtig, aber bei so Bewegungssachen mit Spass in Kombination mit Bewegung von Körperteilen, da steh ich grad ein bischen auf dem Schlauch wie ich das angehen kann.


    Jemand einen Tipp oder eigenen Erfahrungen?

  • Das klingt nach Axel!! Hyperdynamisch! Sobald Bewegung in die Übung kommt, schiesst die Dynamik und die Erregung in ihm nach oben. Langsam gibt es nicht, vorsichtig auch nur bei weniger dynamischen Übungen.


    Eigentlich will man ja aber, dass unsere Gebrauchshunde so sind. Diese Dynamik will man einfangen/komprimieren, im Hund als Spannung auffangen und in geeigneten Momenten entladen.


    Im gesamten Training geht es andauernd darum, Dynamik und Energie zu komprimieren aber nicht zu eliminieren.


    Bei Axel haben die Übungen zur Konzentration sehr dazu beitragen, dass er zumindest in gewissen Bereichen ansprechbar und regulierbar bleibt.


    Speziell die Übung: Einen Gegenstand auf dem Kopf bzw. auf der Nase balancieren hat mMn sehr gute Wirkung gezeigt, und hat sehr viel mehr Wert als ich dachte als ich es aus Spass begonnen hatte. Er hält tatsächlich die Luft an, wenn er balanciert!!


    Ebenso empfand ich lang gehaltene Nasentargets als hilfreich. Auch Pfotentargets. Lange halten. Ich habe immer an der Dauer gearbeitet, da dann Axel Zeit hatte (etwas) runterzufahren, die Atmung runterzuschrauben. Dann Zack Belohnung aber dann ist halt die Dynamik und die Erregung sofort wieder da.


    Andererseits sind solch dynamische Hunde doch eine tolle Sache!!! :) :)

  • Leicht ist es nicht, wir haben ja ein paar mehr solcher etwas weniger feinfühliger Herren.

    Hicks, Henry und auch Cody sind da eher Typ "körperlich".

    Ich reglementiere zu schnell und zu derb und belohne langsameres vorsichtigeres Verhalten.

    Kann man auch mit einem Wort mit unterbauen.

    Deswegen werden diese Hunde immer eher die Trampel bleiben, können aber lernen ab und an und gerade bei bestimmten Sachen vorsichtiger zu sein!
    Ist aber viel Arbeit und zieht sich dann aber durch den gesamten Alltag!

  • Oh, mir fällt noch ein, als Axel kleiner war und ich noch für Obedience trainierte, da gibt es ja die Positionswechsel.


    Diese habe ich ebenfalls mit Pfotentargets geübt, so dass er lernen musste, sich präzise aber dennoch schnell zu bewegen. Beispiel Vorderpfoten auf einer Leiste halten wärend die Positionen gewechselt werden.


    Ich erinnere mich, dass immer seine rechte Pfote so gezuckt hat und er es eeeeeeeewig nicht schaffte diesen einen Zuckerer zu kontrollieren und ich es nicht "wegklickern" konnte. Es war mMn eine unbewusste Bewegung aber okay, das war ein winziges Detail und der Anspruch an Perfektion war in dem Fall sehr sehr hoch.


    Ich denke solche Koordinationsübungen können tatsächlich helfen. Wie Pfoten unabhängig voneinander bewegen müssen etc aber ich zweifle schwer daran, dass diese Dinge den Hund im Gesamten "feinfühliger" machen. :) <3

  • Das ist wahrscheinlich typisch Schäferhund, deutsch, belgisch :saint: Und eigentlich wird so trainiert da in fast allen Sportarten erwünscht.

    Ich trainiere die von dir beschriebenen Dinge auch viel im Winter im Haus. Da werden sie schon feinfühliger. Als Target nehme ich da eins von diesen aufblasbaren Sitzkissen mit Noppen. Aus ganz kurzer Entfernung mit den Vorderpfoten oder Hinterpfoten auf das Kissen, klicken Leckerli, klicken Leckerli, ich ein paar Zentimeter Abstand klicken und Leckerli. Hauptbestätigungskriterium ist das ruhige Stehen. Beide Hunde schaffen es dadurch auf den kleinen Igelhalbschalen mit jeder Pfote einzeln zu stehen. Das dauert aber schon so einen Winter lang...

    Da es für den Hund echt anstrengend ist, lastet man ihn intensiver aus als wenn er Zehn mal mit Karacho auf ein Target springen lässt.

    Zum Stressabbau gibt es vorher noch ein paar schnelle achten durch die Beine.

  • Hmm ich finde nicht dass sich Dynamik und Präzision ausschließen. Es ist viel Arbeit von uns Zweibeinern gefragt. Viel konsequente aber gut dosierte Arbeit. Zuerst muss die Geschwindigkeit raus. Weil sie sonst zu trampelig sind. In ihrem Wunsch alles zu machen und das sofort sind sie oft grobmotorisch. Es ist aber wichtig auch für sie selbst dass sie sich und ihren Körper kennen und regulieren lernen.


    Eine sehr kleinteilige Arbeit, viele denken sich "ach warum so lange darum frickeln", das Tempo macht Spaß und es funktioniert doch eh. Tja und dann wir an anderen Stellen oft gejammert. Aber da in diesen Übungen lernen Hunde sich zu regulieren und sie verbessern ihre Körperbeherrschung (und auch ihr Selbstbewusstsein, hilft daher auch ängstlichen/unsicheren Hunden; Sich-seiner-selbst-Bewusst-sein). Das ist unendlich viel wert, auch im Sport.


    Ob man Tricks klickert, klettern lässt, balancieren ja teils physiotherapeut. Übungen einfließen lässt-die Bandbreite ist groß. Man muss nur aufpassen, grade Schäfis können da schon auch mal Frust schieben. Erinner mich gut unser Belgier hat lange gebraucht seine Hinterbeine bewusst wahrzunehmen. Hat aber dann in der Fußarbeit enorme Fortschritte gebracht.


    Also von mir die unbedingte Empfehlung an der "Feinfühligkeit" zu arbeiten. Die Dynamik holt man nachher wieder dazu (die kann man einem Schäfi eh nicht austreiben 😁) und dann ist es nicht nur schnell sondern auch präzise.

  • Ich habe leider keine Tipps beizutragen, finde die Frage und Antworten aber sehr spannend weil ich Hiwa und mich hier auch zu 100% sehe. Wenn die Pfote geben soll, macht die das mit so einer Energie, dass man denkt, sie wäre Mufasa der gerade an der Klippe hängt und das Pfötchen jetzt über Leben und Tod entscheidet. Wollte ihr auch mal beibringen, das Licht an und aus zu machen, weil wir da auf dem Boden einen Druckschalter haben. Da hatte ich aber zu viel Sorge um den Schalter, weil Madame lieber 10 Mal drauf schlägt als 1 Mal richtig zu drücken. Und wenn sie merkt, dass es nicht richtig ist was sie macht, wird sie direkt hibbelig und frustriert. :S


    Benutzt ihr für Target-Training Kommandos? Ich habe mit Hiwa schon öfters Mal Pfote oder Kopf irgendwo ablegen lassen beim Clicker Training, habe aber nie Kommandos eingebaut. Bzw. gibts irgendwo dazu gute "Anleitungen"? Alles was ich spontant gefunden habe ist, wie man den Hund eben dazu bringt, z.B. die Pfoten auf einen Target zu bewegen.

  • Bzw. gibts irgendwo dazu gute "Anleitungen"?

    Ich habe mir damals

    101 Hundetricks

    Von Kyra Sundance


    gekauft. Auch wenn wir am Ende nicht alle gemacht haben, finde ich es recht gut aufgebaut, bekommt man mittlerweile gebraucht recht günstig.


    Da ich mit beiden Hunden sehr viele Tricks mache gibt es dementsprechend viele Kommandos. Da kannst du deiner Kreativität freien Lauf lassen. Nur sollten die halt einen anderen Namen haben als Kommandos für den Hundesport.


    Meine Hunde freuen sich auf unsere Trickstunde und machen beide begeistert mit.

  • dann ist es nicht nur schnell sondern auch präzise.

    Ich habe mit Enzo turniermäßig Obedience gemacht und genau das ist auch das Ziel, wir sind auch bis zur Klasse 3 gekommen. Wenn man es so sieht sind alle Übungen machbar, woran man halt ständig arbeitet ist beides zu halten. Ich habe alles immer besonders auf präzise gemacht und da auch die hohen Bewertungen bekommen, aber als Abzüge dann auch schon mal hören müssen, dass es schneller sein sollte. Er war übrigens schnell, aber man sieht halt auch gerne Bremsspuren 8o

  • Ich bin ja froh, dass ich damit offensichtlich nicht alleine bin. :D


    Danke für den Tipp Lakoko von Baumann. Ich kann jetzt aus der Webseite nicht so ganz herauslesen was da konkret gemacht wird. Ausser das man ein Laufschema hat; das alle Hunde ein Halti dafür brauchen und das man Ruheübungen machen soll. Ich glaube das Lakoko nicht für das was ich meine gedacht ist, sondern für "alltagshibbelige nervöse Unruhegeister" bzw. für Hunde mit Umweltproblemen.


    Vll. muss einfach noch geduldiger sein und mehr auf die Art der Ausführung Wert legen, so wie Boomer&Hicks es schreibt.


    Hinterpfoten einzeln direkt langsam und kontrolliert benutzen ist echt ne Herausforderung für Lexy - vorletzten Winter haben wir Treppen Rückwärts laufen gemacht, das hat gefühlt ne Ewigkeit gedauert bis es klappte. Aber mit noch mehr Präzision und konzentriertem Ansteuern ist es schwer - weil sie dann eben auch hibbelig wird und Frust schiebt.

    Bei den Vorderpfoten ist es so, dass sie da auch immer die Krallen ausfährt und toucht und nie die Pfote locker drauf legt. Was grade bei den Tricks bei denen es um Berührung mit mir geht - für mich schmerzhaft ist X/

    Das kenne ich von den vorigen Hunde so nicht, die waren da "weicher" in der Ausführung.

    Ich kanns schlecht beschreiben, aber vll. kennt da jemand - Maline - vll. ist das was typisch belgisches diese "Festhaltenwollenpfoten"?


    Ich hab versucht diese Woche dieses "Vorsicht" was sie vom Leckerchen nehmen kennt auch mal beim Target einzusetzen und bei den Übungen selbst mit weniger Abstand zu mir zu arbeiten. Wir haben dann viel mit der "ein Schritt vor und ein Schritt zurück Übung" gemacht und ich glaube das hilft - zumindest im Rahmen des Zimmertrainings minimal. Aber ich muss hier dann wieder aufpassen, dass sie von der Körpersprache her nicht zu "geduckt" dann agiert - weil es einerseits entweder "Spannung" oder bei Abbruch/Korrektur mit Meideverhalten einhergeht. IAber wir beide mögen Zimmer- und Tricktraining sehr und so arbeiten wir weiter an dem "wie" :)

  • typisch belgisches diese "Festhaltenwollenpfoten"?

    Teilweise. Kennst du den Trick, dass der Hund zwischen deinen Beinen steht und die linke Vorderpfote auf deinen linken Fuß stellt und die rechte Vorderpfote auf deinen rechten Fuß und du dann läufst? Mit Enzo ging das im Haus mit Birkenstocks, bei Quinto nur draußen mit Sicherheitsschuhen ^^

    Aber ansonsten wird das besser, so sicherer der Hund ist, dann ist er nicht mehr so angespannt und die Pfoten sind nicht mehr so verkrampft.