Ich hasse meinen Hund oder doch eher mich?

  • Beispiel 1: (etwas überzogen, weil mittlerweile hat mein Mann auch vieles gelernt)

    Warum haben meine Hunde mehr Vertrauen zu mir und folgen mir besser?

    Natürlich weil ich mehr mit ihnen arbeite, klar, aber warum auch dieses weniger Vertrauen zu meinem Mann?

    Weil er, aus Sicht der Hunde, nicht vorhersehbar ist, nicht einschätzbar. Oft sind seine Reaktionen, wie Schimpfen oder kscht oder Pfui, für die Hunde völlig zusammenhangslos und ungerechtfertigt. Liegt daran, dass Leute manchmal eine grosse Toleranz gegenüber einem Verhalten des Hundes zeigen (aus Bequemlichkeit?) und das nächste Mal diese Toleranz nicht zeigen, "weil der Hund ja erzogen werden muss" oder mann es jetzt eilig hat, oder Leute da sind, oder man zum Tierarzt muss, oder oder oder

    Ich glaube ich bin da so wie dein Mann. Ich toleriere sehr lange und sehr viel und dann läuft das Fass über und ich reagiere komplett überproportional zum "Vergehen".

    Bequemlichkeit spielt mit Sicherheit eine Rolle. Ich will mich manchmal einfach nicht damit auseinandersetzen oder kann es nicht und ertrage/dulde schlechtes Verhalten. Das ist vermutlich das größte Problem bei uns mit der Leinenführigkeit. Da neige ich auch oft dazu, ihn einfach ziehen zu lassen, weil ich keine Lust habe diesen Kampf auszutragen oder aus einer Hilflosigkeit heraus. Bis mir der Arm so weh tut, dass ich schon fast mit Heulkrampf sauer werde. Das ist ja so ziemlich das absolute Gegenteil zu Konsequenz. Aus seiner Sicht "darf" er ja ziehen, bis er es plötzlich nicht mehr darf. Ich hatte mir mal vorgenommen, "ab heute gibt es kein Ziehen mehr, egal ob morgens um 5:30 oder spät abends, egal ob es eine kleine Runde in der Mittagspause ist oder die lange Runde nach der Arbeit".

    Das habe ich ein paar Tage durchgehalten und konnte auch wirklich eine Verbesserung beobachten.

    Und dann kam wieder, zu müde, zu gestresst, zu überfordert, "dann mach doch was du willst".

    Bekannte hatten Probleme mit dem Kackefressen ihrer Labradorhündin. Die liess sich von den Haufen auch nicht abrufen und bekam meist geschimpft, wenn sie dann endlich wieder zurückkam. Selbst wenn sie manchmal nicht geschimpft bekam, waren da dennoch die angewiderten Reaktionen ihrer Halter auf ihr stinkendes Maul und das Geschehene.

    Ich kannte diese Vorgeschichte gar nicht, bis zu dem Tag, als sie mich anriefen, weil die Hündin schon seit dem Vorabend nicht mehr zuhause war aber sie konnten die Hündin in der Nähe des Hauses "herumlungern" sehen.

    Sie war einfach gar nicht mehr zurückgekommen! So schlimm war mittlerweile das Gefühl der Hündin das sie nach dem zurück zum Halter kommen hatte, dass sie beschloss ganz wegzubleiben!

    Oh wow, ich weiß nicht wieso, aber die Geschichte man mich echt traurig.

    Kann mir gar nicht vorstellen, was für eine schlimme Situation das für die Hündin gewesen sein muss.

    Sie muss das wirklich als große Ablehnung empfunden haben.

    Wie haben deine Bekannte das Problem gelöst?

  • Hallo Palinka,

    Darf ich fragen, was und wie Du arbeitest ? Wie lange ist Dein Hund allein ? Was machst Du mit, um ihn auszulasten ?

    Ich arbeite als Technical Writer in einem Pharmaunternehmen, 80% in home office. Manchmal bin ich aber auch die ganze Woche zuhause, meine Chefin sieht das mit dem einen Bürotag in der Woche nicht so streng.

    Der Hund bleibt am Bürotag für 3 bis 4 Stunden alleine und wird dann von einem Sitter abgeholt. Auf dem Weg von der Arbeit sammel ich ihn dann wieder ein.

    Zur Auslastung, wir gehen täglich etwa 3 Stunden spazieren. Zuhause machen wir Suchspiele mit Futter. Zuhause und draußen, wenn ich einen guten Platz finde, tranieren wir mit einem Futterdummy. Also ich werfe den Dummy, Hundi muss im Platz bleiben, bis ich zum Apportieren freigebe. Oder ich verstecke den Dummy während er im Platz liegt und schicke ihn dann suchen. Wir zergeln auch viel, auf Kommando wird angefangen und aufgehört. Im Sommer waren wir oft schwimmen und haben regelmäßig Frisbee gespielt. Ab und an nehmen wir an Social Walks teil, allerdings ist das für mich ziemlich anstrengend. Ich glaube ein strukturierter Hundesport würde ihm echt gut tun. Fahrrad fahren habe ich probiert, hat aber leider nicht geklappt.

    Ich hatte auch wenig Erfahrung mit "Gebrauchshunden" und mir einen Hund gewünscht, den ich überall mitnehmen kann und der mit allem und jedem verträglich ist. Dem ist leider nicht so. Aber das habe ich mittlerweile akzeptiert und dadurch kann ich es besser händeln.

    Es fällt mir wahnsinnig schwer zu akzeptieren, dass meiner nicht verträglich ist. Ich empfinde das als persönliches Versagen ihm gegenüber. Wenn ich es nur "besser" machen würde, könnte er mit anderen Hunden Spaß haben.

    Ich bilde mir auch ganz fest ein, dass er Kontakt zu Hunden will. Aber ich bin da kein objektiver Betrachter.

  • Hallo Karin,

    Ich bin vernarrt in DSH, ob es wirklich die richtige Rasse für meinen Way of Life (leben und leben lassen) ist, wer weiß das schon 8)

    Also ich denke schon, dass meine Way of Life zu inkompatibel ist mit so einem "Charakterhund".

    Im Endeffekt bin ich auch eher so der hippie dippie Friede Freude Eiekuchen Typ.

    Im Gegensatz zu dir fehlt mir aber die von dir angesprochene Kompromissbereitschaft.

    Also einer muss sich ändern, Hund oder ich. Hund wird sich nicht ändern, bleibt nur noch ich.

    Aber es klappt einfach nicht.

    Tatsächlich "funktioniert" mein Hund am besten, wenn ich ihm wenig Aufmerksamkeit schenke, nicht lobe und mehr oder weniger die einzige Interkation eine Korrektur ist. Aber so ein Zusammenleben kommt für mich nicht in Frage.

    Seine Leinenführigkeit bei Dritten ist perfekt, bei mir eine kleine Katastrophe und und und. Er kann alles, nur eben nicht bei mir... weil ich nur der Kumpel bin.

    Bei meinem Sitter läuft er auch top an der Leine. Dann hole ich ihn ab und man kann in Echtzeit beobachten, wie die Leinenführigkeit von Minute zu Minute schlechter wird....

    Das ist für mich so frustrierend, dass er alles kann, aber bei mir nicht macht. Außer ich bin eine emotionslose Eiskönigin, die nur Befehle erteilt, dann klappt es halbwegs.

    Ich bin aber zu "baby baby dutzi dutzi mach das bitte, bitte, weil ich dich so lieb hab".

    er wirkt zufrieden mit mir und ich hab mich mittlerweile (wieder) damit abgefunden, dass es so ist, wie es ist.

    Das ist meine größte Sorge, dass mein Hund nicht zufrieden ist bzw. ein besseres Leben haben könnte.

    Und die größte Motivation ihn abzugeben.

    Ich glaube einfach er hat es besser verdient. Es kann nichts dafür, dass es so ist, wie er ist und ich nicht damit umgehen kann.

  • vanilla coke es ist die Mischung, mal rigorose Konsequenz, dann wieder ist es Zeit für Dutzi Dutzi.

    Anders gesagt, der Hund macht das was du willst, dann wird er gelobt. Macht er Unfug, dann gibt es eben ne Ansprache.

    Beispiel, mein Hund ist Leise bei Hundesichtung Lob. Macht er Terror gibt es ein Feedback verbal.

    Und die meisten Erwachsenen Hunde brauchen keine Hundekontakte.

    Mein Hund ist Leinenaggressiv, trotzdem gehen wir mit ihm ins Restaurant. Geht alles mit Vorraussicht.

  • Schön, dass du dich hier nochmal meldest, uns an eurer Entwicklung teilhaben lässt und anscheinend auch das ein oder andere positive Erlebnis mit deinem Hund machen konntest.


    Ich zolle dir Respekt dafür, dass du die Beziehung zwischen dir und deinem Hund so reflektiert beschreiben kannst, damit hast du bereits eine große Hürde genommen und bringst es ja auch schon recht gut auf den Punkt, dass eure Naturelle recht konträr sind und ihr euch deshalb aneinander reibt.


    Ob dein Hund nun ein besonders "schwieriger Rassevertreter" ist, ist schwer zu beurteilen, da er bei Dritten ja offenbar "besser in der Spur ist".


    Aber ob nun mit diesem Hund oder mit einem x-beliebigen anderen Hund:

    der Hund ist ein Lebewesen, das sich in einer hierarchischen Struktur am wohlsten fühlt ... jeder Hund benötigt die immer gleichen Regeln, nach denen er sich richten kann ... Ausnahmen von diesen Regeln (die übrigens jeder ganz nach seinem Gutdünken für sich selbst definieren kann), verwirren einen Hund bloß. Du kannst ihm halt nicht erläutern, dass er zu Ostern und zu Weihnachten aufs Sofa darf und den Rest der Zeit nicht, denn Hunde haben für so etwas kein Verständnis.


    Ein Hund muss auch nicht mit anderen Hunden spielen oder Sozialkontakte machen, um glücklich zu sein ... es gibt viele Hunde, die das weder brauchen noch wollen ... und das unkontrollierte rumgekugele auf den 0815 Hundewiesen dieser Welt, ist für die meisten Hunde eher Stress als Zugewinn.

  • Ich finde, er klingt auch sehr unsicher und da wäre es toll, wenn du es schaffen könntest metaphorisch und buchstäblich mit gehobener Brust die Starke von euch beiden zu sein und auch für ihn als positives Vorbild voranzugehen.

    Ich bin manchmal wirklich zwiegespalten, ob er ein armes, kleines, ängstliches Würstchen ist oder ein offensiver, dominanter Prolet.

    Da bekomme ich auch unterschiedliches Feedback, die einen halten ihn für unsicher und die anderen für hyperdominant.

    Vielleicht ist es ja auch beides, je nach Situation.

    Aber ich denke egal was er von beidem ist, eine starke und sichere Führung muss ich in beiden Fällen geben können.

    Die Trainerin meinte ich solle mir vostellen, ein bisschen arrogant zu sein und mich dann so verhalten, also von Körperhaltung und Autreten. Das wäre wohl das am einfachsten zu veranschaulichen.

    Was das

    "Meine Instabilität muss sich für meinen Hund wie eine gespaltene Persönlichkeit anfüllen.

    Heute "Mausi Baby DutziDutzi", morgen "Nein, jetzt reichts, Aus".

    Da kann man ja nur durchdrehen." angeht, möchte ich dir nur sagen, solange du das Top oder Flopp von dem Verhalten des Hundes und eben nicht von einer eigenen Stimmung bzw Einstellung abhängig machst, geht es genau so!

    Ich fürchte manchmal mache ich es leider von meiner Stimmung abhängig.

    Mein Hund reagiert aber auch irgendwie sehr stark auf Lob. Er dreht wirklich ziemlich auf und ist dann echt drüber. Eigentlich hat die Trainerin geraten ihn nicht zu loben oder sehr wenig bzw reduziert.

    Ich muss auch sagen, er stolziert eigentlich eh schon mit aufrechter Rute und erhobenen Hauptes durch die Gegend. Wenn ich ihn lobe dann mutiert er zu Napoleon :D.

    Ich finde das ehrlich gesagt auch irgendwie nicht schlimm oder ganz schön, dass er nicht ängstlich wirkt und Selbstbewusstsein hat, andere hingegen deuten das immer viel negativer.

    Im Übrigen ist mir in letzter Zeit verstärkt aufgefallen, dass andere Hunde ihn ziemlich anpöbeln. Also recht häufig initiieren die anderen Hunde den Stress. Und die Halter sind oft ziemlich überrascht, weil das für ihre Hunde wohl ungewöhnlich ist.

    Früher ist er jedes einzelne Mal darauf eingestiegen und hat sich noch mehr aufgeregt, als die anderen Pöbler. Inzwischen schaffen wir es ab und an, dass er ruhig bleibt, was auf die anderen Hunde aber nicht deeskalierend wirkt.

    Ich weiß nicht, ob es an seiner kleinen Napoleonpersönlichkeit liegt oder daran, dass er intakt ist.

    Aber naja, oft genug ist er auch der Instigator.

  • Also, nachdem jetzt alles geklärt ist ;) darf ich fragen, wie du zum Beispiel die Übung "ich gehe vor dem Hund aus der Tür" durchführst :love: :love: pretty please? :)

    Also das machen wir wirklich konsequent.

    Er setzt sich oft schon von alleine vor die Tür und wartet bin ich durch bin und dann Freigabe gebe.

    Und falls er doch mal zu schnell aufspringt, dann schicke ich ihn wieder ins Platz, gehe raus, schaue nach links und rechts und lasse ihn dann nachkommen.

    Das funktioniert einwandfrei.

    Nur sobald wir draußen sind ist er ruckzuck wieder ganz vorne am Ende der Leine.

    Er will immer vorne sein.

    Beim Social Walk ist es am schlimmsten. Oder generell sobald noch andere Menschen dabei sind.

    Am schlimmsten dennoch bei Hunden. Er muss vorne gehen, sonst dreht er durch.

    So haben wir immer unseren "Ehrenplatz" an der Spitze...

  • Hallo Anne,

    ich hab dann mal angefangen ihm die schnauze runterzudruecken und oder den hund im nacken in den platz position gedrueckt wenn er ganz frech war.

    Ich glaube das ist nichts für mich zarte Pazifistin :S . Vielleicht als absolute Managment Lösung, wenn er ganz arg bei einem Hund ausrastet und ich ihn nicht anders halten kann, aber für den Alltag ist das glaube ich für mich nicht machbar.

    gegen das ziehen hat so ein erziehungsgeschirr geholfen, sofort. name HALTI

    Das Ding ist, er versteht das Prinzip der lockeren Leine und kann das auch. Nur macht er es nicht.

  • der war ziemlich genauso wie deiner: hat reingepinkelt und wände zerfetzt wenn ich ihn allein gelassen habe, hat vor meinen schreibtisch gepinkelt (also da wo ich immer gesessen habe), hat jeden kot gefressen, den er finden konnte, hat in zürich einen jogger in den bauch gebissen und in konstanz einen müllmann in den hintern. ich hatte zweimal eine anzeige wegen dem biss, mit schadenersatz, er hat alles gejagt was beine hatte und auch katzen getötet, er hat meinen behinderten mitarbeiter aufs korn genommen, und dann habe ich ihn nach etwa 1 jahr wieder in das tierheim zurückgebracht.

    Oh wow krass =O .

    Da habe ich es ja echt noch gut erwischt. Wenn meiner einen Menschen gebissen hätte oder ein Tier getötet, wäre das für mich leider auch der absolute Schlussstrich. Da gäbe es keine Zweifel mehr, dass ich der Sache nicht gewachsen bin bzw. der Hund wikrlich Hilfe braucht, die ich nicht geben kann.


    Ich glaube das ist so ein bisschen der Grund, wieso ich mich so schwer entscheiden kann.

    Einerseits bin ich hoffnunglos überfordert und verzweifelt, andererseits schaffen wir es ja schon relativ gut und kommen mit einem blauen Auge davon, wenn ich die Situation doch falsch einschätze.

    Ich weiß ja auch, dass wenn etwas schief geht, ich in den meisten Fällen meinen Hund in eine Situation gebracht habe, die er nicht händeln kann. Mit richtigem Managment kann man ihn schon in die Welt da draußen lassen.


    Weißt du, was aus dem Hund geworden ist, den du wieder abgeben hast?

  • ...vielleicht sollt man bei seinem Hund, egal wie er ist, welches Alter er hat, was für eine Vorgeschichte er durchleben musste - diesen Hund als Hund sehen. Versuchen ihn zu lesen, nicht zu überfordern und Geduld haben. Nichts erzwingen und ihn auch mal so lassen wie er ist - einfach Hund. Grenzen zeigen und wenn man selber merkt, dass man ungeduldig wird oder keinen Kopf hat - weg gehen, sein lassen. Später probieren.

    Ich glaube egal ob er bei mir bleibt, oder so wie es ausschaut ein neuen Zuhause finden muss, wird das die richtige Strategie sein. Ihn einfach so anzunehmen wie er ist.

    Natürlich mit Motivation und Initiative zur Verbesserung, aber letztendlich muss man seine Genetik und seine Persönlichkeit ein Stück weit akzeptieren.


    Das fällt mir wahnsinnig schwer. Ich will so sehr, dass er gut und lieb ist, ihn alle mögen und er nicht das Stereotyp vom aggro, psycho Schäferhund ist, das so weit verbreitet zu sein scheint. Dieses "typisch Schäferhund halt" emfpinde ich immer als sehr beleidigend der Rasse gegenüber.

    Andererseits gibt es halt Eigenschaften, die mehr oder weniger "typisch Schäferhund" sind.


    Letztens sind wir abends zum letzten Gassi Gang raus und im Dunkeln saßen meine Nachbarn mit Freunden. Ich habe sie nicht gesehen und bin raus, Hund stellt plötzlich die Lauscher und Rute auf Alarm und bellt die Leute an.

    Ich habe mich in Grund und Boden geschämt, gleich hektisch Aus und Nein und entschuldigt.

    Und einer der Leute meinte "das ist ein Hund, der macht nur seinen Job".

    Und danach habe ich mich auch gefragt, wieso ich nicht mal normales Hundeverhalten akzeptieren kann.

  • ein schäfi ist von der ganzen genetik ein schutz-und wachhund und er hat richtig reagiert, dass er dich vor den in seinen augen, fremden menschen, gewarnt hat. Das konnte er nicht wissen, dass du die leute gekannt hast.

    In manchen gegenden wäre so manche frau froh, so einen beschützer zu haben.

    Mach dir mal bewusst, dass du einen tollen dsh an deiner seite hast, mit ecken und kanten, der sich aber jederzeit vor dich hinstellen würde.

    Das tust du leider nicht für ihn.