Anfängerfrage: "Der braucht eine harte Hand" - Oldschool oder noch zeitgemäß?

  • Ich arbeite in der Fußarbeit auch oft mit Gerte. Aber nicht, weil ich einen Sternegucker haben möchte, sondern Crazy soll mich normal angucken und es ist auch Begrenzung, da sie zum Vorprellen neigt. Ich verprügele sie damit ja nicht, sondern erinnere sie daran, mit der Konzentration bei mir zu bleiben, wenn sie abdriften will. Und das macht sie, wenn sie zur Seite guckt.

    Aber wie auch wieder im Reitsport kann eine Gerte eine Hilfe oder eine Strafe sein. Ich setze sie halt als Hilfe ein, zumal es mir damit möglich ist, gerader zu gehen.

  • OK, also zu eigentlichen Thema zurück :)


    Eine Hundeliebe Mein Pepper war mit 9 Monaten genau so. Leicht abzulenken, Anweisung beim Erblicken eines anderen Hundes: Vergessen!

    Ohne Ablenkung lief es Recht gut. Aber andere Hunde?

    Wenn er diesen abgeschreckt hatte, kam er wieder zu mir. Ich hab damals lernen müssen, das es im Leben eines jungen Hundes gerade einfach Wichtigeres gibt, als meine Anweisungen.

    Es hatte also nicht mit Ungehorsam oder Ignoranz zutun. Das war für mich wichtig zu verstehen.

    Also habe ich an unserer Bindung gearbeitet.

    Wir haben gespielt, es gab Party wenn er etwas richtig gemacht hat.

    Gleichzeitig gab es "den Arsch ab", wenn er eigenmächtig handelte. "SITZ!", "PLATZ!" - Spass vorbei. An die Leine, ab nach Hause (insgesamt 2 Mal).

    Anfangs bin ich vor Wut hinter ihm her gelaufen.

    Das habe ich mir schnell abgewöhnt...er sollte zu mir kommen, um seine Strafe in Empfang zu nehmen. Hat er auch gemacht...ziemlich unterwürfig kam er angekrochen.

    Hab ihn dann langsam am Nackenfell genommen und ihm tief in die Augen geschaut.

    Kein Schlagen, kein Leinenruck. Präsenz und Augenkontakt.

    Mein Gesicht war steinern und sagte: "Kein Spass!"

    Dann war der Spaziergang beendet. Kein Wort mehr, keine Frisbee, kein aufmunternden "na komm, mein Kleiner!"

    Zu Hause nach etwa 10 Minuten habe ich mich aufs Sofa gesetzt und ihn zu mir gerufen. Dann gab es ein neutrales "Alles in Ordnung! Machste nicht nochmal Kleiner!" mit ruhiger, freundlicher Stimme und einen aufmunternden Klaps.

    Ich habe mir damals gedacht, wenn das mit diesem "Will to please " wirklich stimmt, wird ihn das prägen.

    Danach war alles wieder gut.

    Er schien mir dann sichtlich erleichtert. Pepper ist sehr sensibel für Stimmungen.

    Nach einer Weile könnte ich ihn immer besser lesen und an manchen Tage führte ich ihn an der Leine an Hunden vorbei weil ich wusste, das er gerade unkonzentriert war oder wir keine gute Verbindung hatten.

    An anderen Tagen ging es ohne Leine.


    Zusätzlich habe ich gelernt, jede (JEDE!) Anweisung durchzuziehen.

    Ein "Hier" ist ein "Hier".

    Ein "Stop" ist ein "Stop" - und wenn eine Pfote danach noch einen Schritt auf die Straße macht:"Zurück!"


    Die meiste Arbeit musste ich an mir leisten.

    Oft fiel mir auf, das ich von meiner eigenen Anweisung nicht überzeugt war, als ich sie gab.

    Der Hund merkt es...er nimmt alles wahr.

    Oder ich war zu spät.


    Auch musste ich lernen, meinen Hund zu lesen.

    Nach 1.5h Spaziergang vor dem Frühstück mit Übungen und Frisbee schmeißen kommen nur noch Anweisungen, die er sicher und aus dem FF kann. Da nehme ich ihn im urbanen Raum an die Leine, weil er dann wenig Ressourcen hat. Immerhin ist er auch nur ein Hund....wie ich auch nur ein Mensch bin.

    Beziehung auf Augenhöhe.

    Und dazu sind keine "harten" Korrekturen nötig.

    Das zerstört Vertrauen...und Vertrauen ist doch das Fundament für alles, oder?


    Ach, und wenn nun jemand meint, das ist alles ziemlich überzogen und es ginge auch ne Spur weniger...

    Dieser Hund wird im besten Falle über 10 Jahre alt und jeden Tag an meiner Seite sein. Das bedeutet, das er in der Lage ist, mir jeden Tag zur Hölle zu machen, wenn ich ihn nicht so hinbekomme, das er für mich stressfrei zu führen ist. :)


    Disclaimer: Ich bin kein Hundesportler :)

  • Stimme in den meisten Punkten total zu!! (Ausser vielleicht "Nackenfell". Mach ich nicht, scheint so ne Männergewohnheit zu sein ^^ ;) )


    Und Strafen nach wieder Herkommen muss man vorsichtig sein, je nach Hund und Balance in der Arbeitsweise kann man das Herkommen versauen bzw. deutlich entwerten. (Man muss dem halt ein sehr grosses Belohnungspotential für Hierbleiben und Herkommen im allgemeinen gegenüberstellen)


    Vor allem in den Punkten: JEDE Anweisung pingelig durchzuziehen stimme ich voll und absolut zu.


    Das kann wirklich ein Game Changer sein.

    Beispiel: Wenn mein Mann (vor Jahren, jetzt kann ers auch besser) die Hunde gerufen hat, "Komm her", dann war es für ihn okay, wenn sie reagiert haben und in die Richtung zu ihm kamen und irgendwo auf halbem Weg war es ihm dann egal was sie gemacht haben. Wir haben immer diskutiert, weil ich gesagt habe "komm her" heisst ZU DIR kommen, bis zu deinen Zehenspitzen und er meinte ich übertreibe, es reiche doch, wenn sie reagieren. Nein, ich übertreibe kein bisschen! So fängt das schludern an. Anweisungen verwaschen, bzw. werden dem Hund niemals klar was es überhaupt bedeutet. Immer immer immer von A bis Z durchziehen!!! Es gibt keine Ausnahmen!


    Simples darauf bestehen ist 1000 mal effektiver als "hart durchgreifen"


    Damit simples darauf bestehen funktioniert muss man aber vorher genau wissen was man überhaupt will und was man nicht will und immer einen Schritt voraus denken.

  • Ja absolut Axman

    Vielleicht ist "Bestrafung" das falsche Wort.

    Für Pepper ist schon eine Missachtung, eine Zurückweisung o.Ä. eine Art Bestrafung.

    Ich kann gar nicht so genau sagen, wie ich darauf kam...ich glaube, er war mal vor mir weggelaufen, weil ich wütend auf ihn zugetobt bin.

    Ich hatte das bei anderen Hunden oft gesehen, das die flüchteten, wenn Herrchen/Frauchen sauer waren und das war genau das Gegenteil von dem, was ich wollte..Mich hatte das an Kinder erinnert, die nicht nach Hause wollten weil sie eine 5 geschrieben haben.

    Ich würde mir wünschen, das mein Kind nach Hause kommt und mir davon erzählt und Trost sucht.

    Ich wollte, das Pepper absolutes Vertrauen zu mir hat...irgendwie hat das geklappt...vielleicht auch nur durch die Zeit, die wir miteinander haben. Kathi sagte heute noch, das wir auch sehr klar mit ihm kommunizieren. Er kann uns einfach gut einschätzen und vielleicht hat er deshalb so großes Vertrauen. Oder er ist einfach so 😂

    Das mit dem Nackenfell ist einfach erklärt: An die Eier kommt man hinten so schlecht Ran! 😁

  • Und <3 für des andere.


    Ich weiss was du meinst!

    Ich kann Axel auch merken lassen, nachdem er zurückgekommen ist, dass ich stinksauer bin, wenn er doch mal zum Zaunkampf mit dem Nachbarsrüden o.Ä. abzischt, oder wenn ein Kaninchen so auftaucht, dass ich keine Chance habe (und Axel offenbar auch nicht). Dann wird er z. B. angeleint.


    Prinzipiell ist es dann eine Strafe, wenn der Hund daraus lernt und ein Verhalten nicht mehr oder nicht mehr so ausgeprägt zeigt. Strafe ist ja nicht unbedingt körperlich und auch nicht unbedingt was schlechtes.


    Ich habe es für andere Leute die das vielleicht lesen dazugeschrieben, weil es gibt sie leider immer noch, die, die dem Hund tatsächlich die Leine überziehen oder ähnliches, wenn er dann Minuten später mal wieder zurückkommt und dann schafft man sich halt tatsächlich einen Hund, der nicht zurückkommt.


    Leider erst kürzlich wieder gesehen: Hund wurde wegen Kackefressens und nicht Gehorchens während besagter Tätigkeit, immer wieder gestraft, NACHDEM er dann zurückkam (schütteln und grobe Behandlung). Rückschluss des Hundes war dann nach einiger Zeit: Wenn ich Kacke gefressen habe darf ich auf keinen Fall in die Nähe meiner Leute kommen. Das war so schlimm, dass der Hund über Nacht weg blieb!!


    Edit: Im Letzteren Fall hat man halt unbeabsichtigt das Zurückkommen erfolgreich bestraft

  • Körpersprache, Körperspannung macht unglaublich viel aus und häufig reflektieren die Hundeführer nicht, wie luschig sie neben ihrem Tier latschen. Da passt kein Kommando zur gezeigten Ernsthaftigkeit. Klar hat jemand, der Körperspannung zeigt, auch eine feste Hand. Und dann gibt es sicher Hunde, die nicht einfach zu führen sind. Ich glaube, DSH sind nicht unbedingt Anfängerhunde, oder?


    Ich sehe es auch immer wieder bei uns auf dem HuPla. Der Trainer nimmt die Leine und der Hund tut, was von ihm erwartet wird. Da kann man gut sehen, dass es fast immer der HuFü ist, der seine Vorstellungen nicht durchsetzen kann, weil er keine Präsenz zeigt.

  • Körpersprache, Körperspannung macht unglaublich viel aus und häufig reflektieren die Hundeführer nicht, wie luschig sie neben ihrem Tier latschen. Da passt kein Kommando zur gezeigten Ernsthaftigkeit. Klar hat jemand, der Körperspannung zeigt, auch eine feste Hand. Und dann gibt es sicher Hunde, die nicht einfach zu führen sind. Ich glaube, DSH sind nicht unbedingt Anfängerhunde, oder?


    Ich sehe es auch immer wieder bei uns auf dem HuPla. Der Trainer nimmt die Leine und der Hund tut, was von ihm erwartet wird. Da kann man gut sehen, dass es fast immer der HuFü ist, der seine Vorstellungen nicht durchsetzen kann, weil er keine Präsenz zeigt.

    100% meine Meinung!

    Oder um es mit Dieter Nuhr (aus einem Programm irgendwo in den 90ern über Erziehung seiner Kinder): "Sie müssen nur "glauben", das Du sie schlägst!"

    Der Begriff "Anfängerhund" wird mir inzwischen aber zu häufig im falschen Kontext benutzt.

    Meist wird damit gemeint, das der Hund leicht oder schwer zu erziehen ist. Das halte ich für falsch. Jeder Hund muss konsequent & liebevoll erzogen/überhaupt erzogen werden. Nur sind die Auswirkung bei Mißerfolg bei einem DSH um Längen größer als bei einem Dackel oder Mischling von 20cm Höhe.

    Omi holt sich einen Dackel, erzieht ihn falsch bis gar nicht. Dackel geht jeden anderen Hund an und schnappt nach Kindern, macht sein Ding. Eigentlich ne Vollkatastrophe.

    Aber Omi kann ihn bequem an der Leine halten oder zur Not unter den Arm nehmen. Also kein Problem. Zuhause ist er ja total schmusig. :)

    Ich klammere in dieser Diskussion Hunde mit Verhaltensauffälligkeiten einmal aus, sonst diskutieren wir endlos.

    Also Hund ist "klar im Kopf", nicht angstbesetzt.

    Davon ausgehend ist m.M. nach ein DSH (siehe Pepper) sogar sehr leicht zu erziehen.

    Es braucht "nur" Konsequenz & Liebe mit dem Ergebnis beim Hund: Vertrauen und Bindung.

    Fertig! Er hat einen großen "Will to please", orientiert sich an seinem Menschen, ist durch sein Vertrauen souverän und entspannt.

    Klar, damit ist er dann kein Mantrailer oder Rettungshund, bringt keine Medallien im IGP nach Hause. Aber er ist dann ein kontrollierbarer, nicht-aggressiver Hund der im urbanen Leben eines Menschen seinen Platz hat.


    Am Ende sind die Hunde die wir auf unseren Spaziergängen treffen immer die Spiegel ihrer Menschen am anderen Ende ihrer Leine.

    Aber das einzusehen und an sich selbst zu arbeiten ist so unsagbar schwer für viele, das es dann

    a) der Jagdtrieb ist

    b) der Biss eines Schäferhundes war

    c) die Rasse an sich ist, bei der das nicht geht


    Manchmal aber treffe ich auf Menschen, die ganz ehrlich sagen "ja, so konsequent war ich nicht. Das würde ich beim nächsten Hund auch anders machen."

    Heute noch...Frau und Man mit einer 7 Jahre alten Labrador Hündin.

    Aber hey, 2 Kinder, Familie, Schule, Kindergarten.

    Dafür war Lillo (der Hund) super.

    Ich würde niemals solche Menschen verurteilen.

    Aber den Quatsch von "der Hund ist so weil" höre ich mir nicht mehr an. 🙄

  • Pepper ich möchte dir zustimmen, aber irgendwie auch nicht. ^^


    Du klammerst mir den Faktor "Genetik" zu sehr aus.

    Es gibt durchaus Hunde - und eben besonders viele davon zählt man zu den Gebrauchshunden - die eine genetische Disposition für... nennen wir es mal "unhandliches Verhalten" haben.

    Das ist dann vielleicht auch nicht mal eben so von einem Hundeanfänger mit Liebe und bloßer Konsequenz/Geduld geregelt.


    Und das sind dann halt eben diese "keine Anfängerhunde" ... egal wie groß oder klein der Schaden ist, den sie anrichten könnten.

  • Aber wird das nicht (zumindest teilweise) vom "will to please" wieder ausgeglichen? Ich meine, ein Hund, der grundsätzlich Bock auf Zusammenarbeit hat ist doch dann auch wieder "leichter" zu erziehen, als einer der lieber seine eigenen Entscheidungen trifft (weil er darauf gezüchtet wurde)...

  • Ruebchen Ja, da hast Du Recht. Ich hatte diese mit dem Begriff "verhaltensauffällig" zusammenfassen wollen. Begrifflich ist das aber nicht sauber, da damit umgangssprachlich etwas gemeint ist, das man nicht möchte.

    Durch Genetik/Zucht herausgearbeitete Eigenschaften möchte man ja. Ich aus meiner Otto-Normalo Brille sehe einen drehenden Mali durchaus als verhaltensauffällig mit daraus resultierenden Anforderungen an die Erziehung.

    "Normal" ist in dieser Hinsicht ja ein Rennpferd ja auch nicht.

    Ich hatte die von schaffiebrig genannte "Kategorie" Rasse gemeint.

    Genetik würde ich wiederum als einen Bereich IN jeder Rasse verorten.

    Bedeutet: DSH oder Dackel, "normal" gezüchtet, normale Anforderungen an die Erziehung.

    Wohingehend DSH hochtriebig selektiert gezüchtet spezielle Techniken und Verhaltensweisen vom HF verlangen.

    Die treffe ich aber nicht freilaufend im Wald :)

  • "Normal" ist in dieser Hinsicht ja ein Rennpferd ja auch nicht.

    Ja doch eigentlich schon... wenn ein Tier dem Rassestandard und Zuchtziel entspricht, dass ist es für seinen Typ/Rasse doch normal. Weil das ist dann ja die Regel, und das ist ja auch so gewünscht.

    Was der Freizeitreiter, der nur ein bisschen durchs Gelände tüddeln will, als "normal" empfindet dürfte in der Hinsicht nur wenig Relevanz haben.


    Wohingehend DSH hochtriebig selektiert gezüchtet spezielle Techniken und Verhaltensweisen vom HF verlangen.

    Die treffe ich aber nicht freilaufend im Wald :)

    Dann gehst du in den falschen Ecken Spazieren. A.J. und Ero begegnet man durchaus freilaufend im Wald. ;)