Absolute Aufregung am Hundeplatz

  • Guten Morgen zusammen,


    ich wäre sehr dankbar für einen Rat von erfahrenen Schäferhundhaltern …


    Torvi ist meine erste Schäferhundin, fast zwei Jahre alt und voll in der Pubertät. Wir haben sie mit 9 Wochen im Januar 2021 zu uns geholt und waren kurz darauf in einer Hundeschule. Aufgrund der Coronaauflagen dürften die Halter dort nicht mit hin, sondern haben die Welpen bei den Trainern abgegeben und von weitem zugesehen und es war eher ein Spiel-Spaß-und-Spannung-Treff unter Anleitung zweier Trainer und deren erwachsenen Hunden. Ich hatte mir dabei nichts gedacht, da bei uns auf dem Land (als Kind und Jugendliche) der Hund eher mitgelaufen ist und auf Hundeschule nicht so viel wert gelegt wurde. Wir haben ebenfalls den Junghundekurs besucht und machen nun mit dem Alltagstraining dort weiter. Dabei gehen wir als Gruppe zusammen in Einkaufspassagen, Wälder, zur Eisdiele usw. Aber auch auf deren Hundeplatz und dieser Hundeplatz ist ein Problem bzw. das Verhalten, dass Torvi dabei an den Tag legt, gibt mir zu denken.


    Torvi wird schon aufgeregt, wenn wir auf den Platz fahren, lässt sich aber noch gut ansprechen. Aber sobald wir dem Platz näher kommen an dem Montags auch das Hundespielen in der festgelegten Gruppe stattfindet ist sie wie verwandelt, springt in die Leine, zerrt, jault, bellt und wenn sie zu drüber ist, springt sie auch mich an. Ich kann sie durch „Leckerchen suchen lassen“ ablenken und etwas von ihrer Energie umlenken lassen. Aber das ist ja auf Dauer keine Lösung, denn für sie ist es Stress und für mich auch, denn ich lass es nicht zu, dass sie gegen mich geht.


    Die Trainer auf dem Platz meinten, dass ich mich mit ihr in die Nähe setzen soll damit sie die Dynamik aushalten muss und trotzdem nicht zum Ziel kommt. Aber ist das zielführend? Ich habe ehrlich gesagt auch das Gefühl, dass sie wenig bis gar nicht auf dem Platz spielt, sondern eher die Gruppe Hunde hütet. Jedenfalls spielt sie mit ihrem anderen Schäferhundkontakt wesentlich anders. Da wird immer mal wieder einer gejagt oder andersrum.


    Ich muss dazu sagen, dass Torvi als Welpin schon immer sehr distanzlos war und keine Angst hatte. Sie trifft ohne Probleme eigene Entscheidungen, wenn ich sie lassen würde und versucht immer wieder zu testen wie ernst ich das meine. Ich versuche sie gleichermaßen zu fördern, aber auch zur Ruhe zu zwingen. An der Impulskontrolle arbeiten wir täglich, da gerade Jagen ein Problem ist. Ich liebe das Schäfertier und möchte ihr das Leben eigentlich etwas vereinfachen, bin mir aber nicht, ob der Ratschlag der Trainer richtig ist.


    Wow, einiges an Text 🙈


    Für einen Rat wäre ich dankbar.


    VG

  • Moin!


    Dein Bauchgefühl wird richtig sein, dass Torvi nicht spielt, sondern andere Verhaltensweisen auslebt.

    Den Weg deiner Trainer würde ich nicht gehen, das ist ein reines aushalten von Frust und wird dich mMn absolut nicht weiterbringen.


    In eurem Fall würde ich einfach mal in mich gehen, ob ich die Hundeschule in dem Alter überhaupt noch brauche. Brauchst du den Hundeplatz denn im restlichen Leben? Also, machst du Hundesport und hast dort ebenfalls das Problem?


    Falls nicht, dann würde ich diese Situation einfach aus meinem Leben streichen und da jetzt nicht mit viel Stress und Frust dran rumtrainieren.

  • Ich lese gerade: Jagen ist generell ein Problem. Das kann mit dieser "Spielgruppe" zusammenhängen, wenn sie bereits dort ihr Jagdverhalten auslebt und festigt. Und das macht das Training im Alltag natürlich nicht leichter.

    Impulskontrolle über ich vor allem über eine möglichst positive Leinenführigkeit. Genauso sollte Ruhe nicht ausschließlich über Frust trainiert werden. Das schafft eine Menge Stress für den Hund.

  • Danke für die schnelle Antwort 🙂


    War auch schon meine Überlegung, dass Hundespielen aufzugeben. Nur den Fortgeschrittenenkurs, also das Alltagstraining finde ich halt sehr gut. Dabei sind wir halt nur manchmal auf dem Gelände um Rückruf usw zu üben.


    Dazu muss ich auch sagen, Obedience machen wir woanders und dabei legt sie dieses Verhalten ganz klar nicht an den Tag. Nur beim ersten Mal war sie sehr aufgeregt, als wir auf den Platz kamen und sie die ganzen Hunde gesehen hat. War für mich auch okay, war ja völlig neu. Dies haben wir aber relativ schnell in den Griff gekriegt und nun wartet sie geduldig mit den anderen Hunden (mit Abstand angeleint am Zaun) auf unseren Einsatz 💪🏼

  • Dann würde ich schauen, ob du das "Spielen" einfach weglassen kannst und nur beim Alltagstraining dabei bist. Dinge die auf dem Gelände stattfinden würde ich dann ebenfalls weglassen. Das bringt sowieso nichts, wenn sie sich so hochfährt. Sowas wie ein Rückruf macht im Alltag sowieso mehr Sinn zu üben :)


    Vor allem, wenn sie das nur bei diesem Platz zeigt, wäre es mir den Stress nicht wert.

  • Wenn dor das alltagstraining spaß macht und eu h das weiter bringt dann macht das weiter.

    Allerdings würde ich das "spielen" sein lassen.

    da du selber schreibst das auf dem anderen platz dieses verhalten nicht gezeigt wird hat sie einfach mal verbunden das der alte platz lach und spaß ist ich mich ausleben kann und hat dann natürlich auch die Erwartungenshaltung wenn ihr dort hingeht. Du müsstes also die erwartungsgaltung von ihr ändern um entspannt da drauf gehen zu können.

  • Torvi hat wohl eine Konditionierte Emotionale Reaktion auf den Hundeplatz entwickelt. Das heisst, dass mittlerweile nur der Anblick oder die Erwartung auf den Hundeplatz bei ihr den beschriebenen emotionalen Zustand auslöst.


    Wie oben schon andere gesagt haben, der einzige Weg diesen Ablauf zu durchbrechen ist eine Veränderung dessen was sie dort erwartet. In einfachen Worten: Falls man noch weiter auf diesen Hundeplatz gehen will, dann immer wenn es dort stinklangweilig ist und keine anderen Hunde dort sind. Kein Spielen mehr dort mit anderen Hunden und auch keine anderen Hunde beim Spielen dort sehen.


    Man kann versuchen, ob ein Arbeiten mit ihr auf demselben Platz möglich ist, sofern keine anderen Hunde da sind, möglichst Übungen die Aufmerksamkeit auf den HF erfordern und wenig herumrennen oder physische Aktion beinhalten. Fussgehen, kurze Bleib Übungen mit wenig Distanz, Vorsitz und Positionen, Hand- oder Fusstargets, Impulskontrollübungen oder so in dem Stil.


    Falls sie dazu zu aufgedreht ist, dann nur an der Leine herumgehen und Aufmerksamkeit auf dich belohnen mit Futter. Dies oft wiederholen, so lange bis sie merkbar davon ausgeht, dass der Spass von ehemals jetzt Geschichte ist.

  • Torvi wird schon aufgeregt, wenn wir auf den Platz fahren, lässt sich aber noch gut ansprechen. Aber sobald wir dem Platz näher kommen an dem Montags auch das Hundespielen in der festgelegten Gruppe stattfindet ist sie wie verwandelt, springt in die Leine, zerrt, jault, bellt und wenn sie zu drüber ist, springt sie auch mich an. Ich kann sie durch „Leckerchen suchen lassen“ ablenken und etwas von ihrer Energie umlenken lassen. Aber das ist ja auf Dauer keine Lösung, denn für sie ist es Stress und für mich auch, denn ich lass es nicht zu, dass sie gegen mich geht.


    Die Trainer auf dem Platz meinten, dass ich mich mit ihr in die Nähe setzen soll damit sie die Dynamik aushalten muss und trotzdem nicht zum Ziel kommt. Aber ist das zielführend?

    Dein Hund hat eine entsprechende Erwartungshaltung, die jedes mal auf diesem Übungsplatz bestätigt wird. Völlig egal ob sie "spielen" oder "hüten" möchte, ihre Erwartungshaltung wird erfüllt, und somit festigt sich dieses Verhalten jedes mal mehr.


    Die Lösung wäre tatsächlich die Erwartungshaltung nicht mehr zu erfüllen. Würde bedeuten Du fährst mit Hund zum Übungslatz und sie spielt (oder hütet, je nachdem) dort nicht mehr. Setz Dich mit ihr dort hin, lass sie zuschauen, unterbinde Herumgehampel und dann bringst Du sie wieder ins Auto. Ich würde anfangs auch erst einmal nichts anderes auf dem Platz machen was den Hund im Trieb hoch fährt (Bestätigung durch Ball etc.). Nach ein paar Übungseinheiten "am Platz wird nur geguckt und nicht gehampelt" würde ich dann im "Niedrigtrieb-Level" mit ihr arbeiten (z.B. in der Unterordnung über Futter, nicht über Beute).

  • Dankeschön für eure Meinungen und Erfahrungen zu unserem Problem :)


    Ich habe das „Hundespielen“ nun erstmal gecancelt und werde daran arbeiten den Platz zukünftig zu besuchen, wenn nichts los ist um erstmal ihre Erwartungshaltung zu dämpfen, wenn nichts los ist, bevor ich mit ihr an „ihr fremden“Gruppen üben werde wie Waschbär es geraten hat. Den Platz gar nicht mehr zu besuchen würde mich irgendwie stören, denn ich möchte es ja eigentlich für uns händelbar machen🤔

  • Gerade erst gelesen...finde ich total spannend.

    Pepper fand es so im Alter von 5/6Monaten total Klasse, andere Hunde zu jagen.

    Wir haben zwei Parks hier und er läuft seit Beginn an eigentlich immer frei. Hatte ich hier auch bereits mal thematisiert, glaub ich.

    Wir dachten damals, er spielt und haben diese Dynamik nicht ernst genommen.

    Als Pepper dann einen drei Jahre alten Flat-Coated Retriever am Hals in den Sand drückte und nicht mehr los ließ, bekamen wir gelinde gesagt etwas Panik. Er war in diesen Situationen wie auf Speed und komplett nicht ansprech- bzw rückrufbar.

    Man sah praktisch seine "Erwartungshaltung", wenn andere Hunde auf der Bildfläche erschienen. Jagen & Stoppen= geil!

    Unser Trainer hatte damals von Bindung gesprochen und "warum soll Pepper mit anderen Hunden spielen?"

    Tja, wir dachten damals, es gehört zu einem erfüllten Hundeleben dazu...das wir dadurch an Bedeutung verlieren, wenn es mit anderen Hunde "geiler" ist, auf die Idee sind wir nicht gekommen.

    Wir waren auch in Hundeschulen, aber KEINE war in Bezug auf Bindungsarbeit kompetent. Da wurde über Knisterfolie gelaufen, drei Meter Sitz und 2m Platz bla...alles mit Leckeren motiviert..."immer rein in den Hund!"

    Entscheidend war der Einzeltrainer Stewart Halls hier aus Münster.

    Also hatten wir 6 Wochen keinen Hundekontakt und haben mit Pepper angefangen, intensiv zu spielen. Das waren alle Arten von Übungen...von Stöckchen suchen, Impulskontroll-Übungen bis gassgeben, immer im Wechsel. Immer wenn er Gas erwartete, gab es das Gegenteil.

    Aber bei uns war immer Party (positive Verstärkung).

    Wir hatten immer sein geilsten Spielzeug dabei. Gab es Situationen, in denen etwas unteressanter schien als wir, wurde die Frisbee geworfen und er war wieder bei uns.

    Irgendwann begann ich dann, ihn ganz langsam an andere Hunde heran zu führen. Aber immer mit dem Ass im Ärmel um den Tunnel zu unterbrechen, bzw. im Moment des Entstehens umzulenken.

    Hier und da brauchte es noch eine Ansage, wenn er sein Gegenüber zu wild anging. Dann aber immer mit positiver Verstärkung,wenn er abließ.

    Inzwischen bleibt er stehen, wenn er andere Hunde sieht. Ich rufe ihn dann an meine Seite, lass ihn Sitz machen und nehme Kontakt mit dem anderen Hundebesitzer auf und Frage, ob Pepper mal Hallo sagen kann.

    Dann bekommt Pepper sein "Ok" und er darf hin. Er wird immer ruhiger und akzeptiert ein Stop des anderen Hundes. Manchmal rufe ich ihn mit einem lauten "Hey" zur Ordnung, und er schaut mich an und ich heben den Finger und sage "laaangsam".

    Mein Fazit aus dieser Erfahrung ist, das ich unglaublich froh bin das Pepper in seinen ersten Welpenmonaten NICHT in einer Hundeschule mit anderen Hunden selbstständig "gespielt" hat.

    Aus meiner Sicht hat das mit Sozialisation bei Schäferhunden zumindest, nichts zutun.

    Das ist ähnlich dem Satz "die Regeln das schon untereinander". Was ein Mistsatz.

    Und ich verlasse mich für meinen Hund dann auf die Kompetenz des Spielpartners?

    Wir Menschen regeln, nicht die Hunde.

    Ja, vielleicht hat er dadurch die Kommunikationarten der anderen Hunderassen erst später gelernt. Aber zu einem Zeitpunkt, wo er schon eine sehr enge Bindung zu mir als sein Mensch und Beschützer hatte.

    Ich möchte das er weiß, das wenn etwas aufregend oder angsteinflössend ist, ich in letzter Instanz noch aufregender und im Zweifel derjenige bin, der ihn beschützt.

    Das ist oft eine richtige Herausforderung , das richtige Timing und den Moment zu erwischen und auch energetisch sehr anstrengend, mit ihm in den entscheidenden Momenten in Verbindung zu stehen.

    Schön ist aber zu sehen, wie er mitten im Run abdreht, wenn ich zweimal Pfeife und rufe "Pepper komm" oder er ein "Pepper weitergehen" bekommt und er einfach am anderen Hunde vorbeiläuft (natürlich nicht immer verzugslos und abhängigdavon, wie gut das Weibchen riecht ^^ ).

    Aber am Ende kommt er und bekommt natürlich dafür den super-duper-Sonderpreis: Meine Aufmerksamkeit. :)

    Tschuldigung, sollte keine Lobeshymne auf Pepper werden.

    Ich spüre nur nach unserem ängstlichen Start eine so große Erleichterung und Freude, diesen tollen Kerl an meiner Seite zu wissen.


    Hab das einfach mal so runtergeschrieben...