Threu abgeben? Bitte um Euren Rat.

  • Ich stehe an einer Weichenstellung und brauche Rat. Privat steht eine Trennung an; dazu kommt noch eine Kündigung wegen Eigenbedarfs. Noch haben wir ein Haus mit 1.200 qm Wiese, drum herum Wiesen und Wälder. Paradisische Zustände also. Ein neues Zuhause alleine mit Threu (jetzt 10 Monate, ca. 38 kg) zu finden ist eine echte Herausforderung. Das ist das Eine.


    Das Andere – und mir hier Wichtige – ist Threu selbst. Er ist ein Prachtkerl. Trainer und Schäfer-Experten sind entzückt. Allerdings ist er auch sehr willensstark; kein Anfängerhund. Ich bin aber Anfänger. Auch wenn ich mit ihm 2 - 4 mal pro Woche in die Hundeschule gehe, Mantrailing und jede Menge Übungen mache, mir seit Jahren Wissen aneigne.


    Er hat immer schon viel genagelt, ist schnell frustriert. Neulich hat er mich dann gebissen. Ich war wütend, ganz klar mein Fehler. Doch er hat mich nicht zu beissen. Auch nicht, um Ressourcen zu verteidigen (es ging um einen Igel, den er in Ruhe lassen sollte).


    Wir hatten jetzt auch ein paar andere Situationen, wo er bspw. einen stibitzten Schuh nicht wie sonst herausgibt, sondern tief knurrend verteidigt – am Ende aber doch nachgibt. Nicht dramatisch, doch zeigt es ein Muster: Er hat gelernt, seinen Willen erfolgreich mit den Zähnen mir gegenüber durchzusetzen. Liegt natürlich an mir. Arbeite jetzt vermehrt mit Maulkorb, um das zu unterbinden. Klar und mit 10 Moanten wir er jetzt zum Pubertier.


    Eine Trainerin meint "Es ist 5 vor 12". Das kann später auch böse umschlagen. Der Züchter rät mir, Threu abzugeben. Weil, so seine Prognose: Threu hat für jeden Erfolg mit seinen Zähnen eine gedankliche Kerbe gemacht. Sind genügend Kerben da und ist Threu erstmal etwa 3, wird ein "richtiger Mann", dann probiert er möglicherweise den König vom Thron zu stoßen. Eine langjährig Schäfer-erfahrene Bekannte aus der Hundeschule rät mir ebenfalls, Threu abzugeben. Sie selbst traut sich Threu nicht zu und vermutet, meine Unbefangenheit ihm gegenüber geht verloren. In der Tat ist da was dran. Gestern hat er den Futterdummy stibitzt, mit dem ich "Aus!" üben wollte. Habe ihm einen Ball als Tausch angeboten, aber davon abgesehen, den Beutel einzufordern, um nicht wieder eine kritische Situation zu provzieren.


    Dem gegenüber steht eine zweite Trainerin, die da sehr wohl eine Chance sieht. Auch denke ich, das Gehirn ist plastisch, heisst, neuronale Verknüpfungen können sich ändern. Und mit 10 Monaten ist es ohnehin noch mitten in der Entwicklung. Umso mehr Konsequenz ist bei mir gefragt.


    Die Entscheidung, Threu abzugenen, kann nur ich alleine treffen. Doch was mich interessiert sind ähnlich Erfahrungen. Erlebnisse, die in die eine oder andere Richtung ausgegangen sind.


    Der Gedanke, Threu abzugeben, bricht mir das Herz. Ich will es mit ihm schaffen. Und es gibt ja auch jede Menge Geschichten von Problemhunden, bei denen es klappt (Threu ist KEIN Problemhund). Doch wenn es vielleicht das Beste ist – auch unter den jetzt neuen Bedingungen, die enorm viel Kraft kosten (bitte kein Mitleid, alles gut ;-), dann ...

  • Ich bin ehrlich - ich habe selber einen so starken Charakterschäfer an meiner Seite.

    Wenn er mit 10 Monaten dich schon mehrfach getackert hat, versäumst du es nachhaltig ihm seine/deine Position klar gemacht zu haben.

    Er ist der Meinung dass du nicht in der Position bist ihm Ansagen zu machen.

    Was für Trainerinnen hast du?

    Bist du in einem Verein für Schäferhunde, wo man sich mit der Rasse gut auskennt?


    Einen Hund wieder abzugeben fällt normal immer schwer, wenn es aber verhindert, dass dein Hund dich mal in die Ecke stellt und/oder schwerer verletzt.

    Dann würde ich den Weg wählen!

    Es passt nicht jeder Hund zu jedem Menschen und das liegt nicht allein an der Rasse, sondern auch am Charakter auf beiden Seiten.

  • Das ist definitiv keine leichte Etnscheidung, und ja, die musst du alleine treffen.


    Ich kann dich auch sehr gut verstehen. Harras ist mein erster eigener Hund und auch er stellte und stellt z.T. Anforderungen an mich. Aber gebissen hat er mich noch nie, auch nicht im Spiel. Das hat er sofort gemerkt und dann nicht zugebissen. Auch ich bin evtl. nicht die Person, die zu 100% optimal zu meinem Hund passt, alleine schon, weil es mir an Erfahrung fehlt und ich nicht die Konsequenteste bin. Wir haben uns aber "zusammengerauft". Harras ist nun bereits 6 1/2 Jahre alt und ich weiß um meine Defizite.


    Bei deinen anstehenden Veränderungen wäre auch zu bedenken: muss Threu zukünftig länger alleine bleiben? Wenn ja, dann wäre das für mich ein Grund, ihn in neue (evtl. kompetentere) Hände abzugeben. Eine Anlaufadresse wäre da dann evtl. "Schäferhunde in Not".


    Alles Gute für dich und für Threu.

  • Vielen Dank, Tanja, ehrliche Antworten wie Deine wünsche ich mir.


    Wenn er sich das Tackern herausnimmt, habe ich es zugelassen. Auch, wenn ich mich von der 9ten Woche an damit auseinandergesetzt und Strategien von Strenge bis Ignoranz durchprobiert habe. Und ganz ehrrlich: Klar mache ich Ansagen und ziehe Grenzen. Einen Hund habe ich mir allerdings nicht angeschafft, um permanent Machtspielchen auszufechten.


    Du bist wieder jemand mit Schäfer-Erfahrung, der mir die Abgabe nahelegt. Die Trainerin und ihr Team ist/sind wirklich anerkanntermassen klasse. Allerdings sind es eben keine Schäfer-Experten.


    Ja, beim SV war ich mal. Die Ansätze dort haben mich allerdings nicht wirklich überzeugt und so habe ich mich auf die Hundeschule konzentriert – in der bspw. auch langjährig erfahrene Schäfer-Hundesportlerin ist.

  • Vielen Dank, Pinguetta. So, wie Du Dich einschätzt sehe ich mich auch in etwa (natürlich bist Du länger dabei).


    Nein, Threu muss nicht länger allein sein. Bin Freiberufler, habe mein Büro Zuhause. Darum kann ich ja überhaupt einen Hund halten.


    Harras hat nie gebissen, die Grenze erkannt. Threu ist eben drüber gegangen.

  • Hast du ihn mal Untersuchen lassen, ob evtl Schmerzen hinter seinem Verhalten der Grund sind.

    Ich kenn jemand, da hat der DSH seinen Besitzer auch gebissen. Bei einer Untersuchung kam raus das der Hund je nach dem wie er vorher lag, Schmerzen hatte. Er ist dann operiert worden und war danach ein total lieber verschmuster Kerl.


    Ansonsten, wenn es keinen gesundheitlichen Grund fürs beißen gibt, sondern nur "Erziehungs" Probleme, musst Du für dich abwägen wie es weiter geht.


    Es ist eine schwere Entscheidung die dir keiner abnehmen kann :(

  • JvG

    Das ist immer eine schwere Entscheidung.

    Ich stand vor der selben Entscheidung mit meinem ehemaligem Rüden, der mich iwann einfach gebissen hat.

    Da konnte sich auch keiner ein Reim drauf machen warum und weshalb und mir wurde gesagt das es kein Hund für mich sei und ich den doch lieber abgeben sollte.... Ja das wäre der einfachere Weg gewesen.

    Aber ich konnte einfach kein Tier weggeben das ich seit der 9 Woche bei mir hatte.

    Licht ins Dunkle hat dein ein kompletter Checkup beim TA gebracht und siehe da, die Schilddrüse war Schuld.

    Ab dem Tag wo die Tabletten gewirkt hatte, hatte ich den besten Begleiter den ich mir vorstellen konnte.


    Was ich damit sagen wollte: Bevor du dich vor die Entscheidung stellst behalten oder abgeben.

    Lass lieber noch mal Alles wirklich Alles checken.


    Wenn es dann nichts Gesundheitliches ist, dann kannst Du dich vor die Entscheidung stellen: Behalten & dran Arbeiten oder Abgeben.


    Ob deine Umstände das in Zukunft erlauben werden, ob du der richtige "Typ" bist für den Hund bist usw: Das können wir wohl nicht nicht beurteilen ohne dich zu kennen ;)


    Aber hol dir auf jedenfall Hilfe, vl. musst du da erstmal einige Hundetrainer durchprobieren und einen finden der wirklich mit Dir am Problem arbeitet.
    Das mit Dir arbeiten meine ich wörtlich, nicht nur nen Hundetrainer der sagt naja wenn der Hund das so und so macht dann muss man das so und so machen, sondern das Du als Hundeführer und dein eigenes Verhalten einbezogen wird.

    Praktisch ein Hund&Mensch Coaching.

    2 Mal editiert, zuletzt von Dario ()

  • Und Beissen und Beissen kann auch ein Unterschied sein. Hat Threu dich "nur" getackert, so wie Welpen das schon mal machen, oder ist bei dir richtig Blut geflossen (also nicht nur ein blauer Fleck) und die Wunde musste versorgt werden?


    Harras hatte mal meinen Sohn gebissen, weil dieser von hinten mit dem Rad auf uns zukam und sich nicht bemerkbar gemacht hatte. Er kam mit quietschenden Reifen neben mir zu stehen. Harras war wohl der Meinung, dass es eine Bedrohung ist und zu spät erkannt, dass es mein Sohn ist und hat ihm am Unterarm gepackt. Es sind Narben geblieben. Aber das ist nie wieder passiert, die Situation war einfach blöd. Heute haben mein Sohn und Harras ein ganz besonders inniges Verhältnis, über das ich oftmals staune.

  • JvG

    Das ist immer eine schwere Entscheidung.

    Ich stand vor der selben Entscheidung mit meinem ehemaligem Rüden, der mich iwann einfach gebissen hat.

    Da konnte sich auch keiner ein Reim drauf machen warum und weshalb und mir wurde gesagt das es kein Hund für mich sei und ich den doch lieber abgeben sollte.... Ja das wäre der einfachere Weg gewesen....

    Danke, Dario, sehr schön, dass zu lesen. :thumbup: Ich denke auch oft: aufgeben ist zu einfach. Und was jetzt nicht ist, kann ja vielleicht noch werden. In der Hundeschule gibt es eine Labrador-Irgendwas-Mix, so was von aggressiv, heidenei! Die Halterin war wegen ihm schon mal im Krankenhaus. Und was macht die? Sie arbeitet mit ihm.


    Trainingstechnisch fühle ich mich tatsächlich gut aufgehoben. Wobei es da noch einen Trainer in D'dorf gibt, den ich in dieser speziellen Sache mal kontaktieren werde, weil er mit Malis und anderen Kalibern arbeitet.


    Schilddrüse? Hmmm – Threu war von anfang an sehr "charakterstark", doch sicher sinnvoll, das mal zu prüfen.

  • Und Beissen und Beissen kann auch ein Unterschied sein. Hat Threu dich "nur" getackert, so wie Welpen das schon mal machen, oder ist bei dir richtig Blut geflossen (also nicht nur ein blauer Fleck) und die Wunde musste versorgt werden?

    Da ist schon ordentlich Blut geflossen. Doch der Auslöser war ich: Threu hat spät abends seinen ersten Igel entdeckt, war aufgedreht. Ich wollte endlich ins Bett und habe ihn nicht vom Igel wegbekommen. Also habe ihn mir kurzerhand gepackt. Er hat sich gewehrt.


    Ich war so wütend, hätte ihn am liebsten den Hals umgedreht (von allen Optionen die denkbar dämlichste). Als er mich gebissen hat, lag er auf dem Rücken, hat sich vermutlich bedroht gefühlt. Vermutlich habe ich es nicht anders verdient 8o

  • Also ich persönlich würde erst alles durchchecken lassen, dann nen Spezialisten (denk da an zb perdita Lübbe-scheuermann) drüber gucken lassen.

    Und dann erst überlegen, ob behalten oder nicht.

  • Und Beissen und Beissen kann auch ein Unterschied sein. Hat Threu dich "nur" getackert, so wie Welpen das schon mal machen, oder ist bei dir richtig Blut geflossen (also nicht nur ein blauer Fleck) und die Wunde musste versorgt werden?

    Da ist schon ordentlich Blut geflossen. Doch der Auslöser war ich: Threu hat spät abends seinen ersten Igel entdeckt, war aufgedreht. Ich wollte endlich ins Bett und habe ihn nicht vom Igel wegbekommen. Also habe ihn mir kurzerhand gepackt. Er hat sich gewehrt.


    Ich war so wütend, hätte ihn am liebsten den Hals umgedreht (von allen Optionen die denkbar dämlichste). Als er mich gebissen hat, lag er auf dem Rücken, hat sich vermutlich bedroht gefühlt. Vermutlich habe ich es nicht anders verdient 8o

    War das das einzige Mal, dass Blut geflossen ist? Dann war es evtl. auch der Situation geschuldet.

  • War das das einzige Mal, dass Blut geflossen ist? Dann war es evtl. auch der Situation geschuldet.

    Ja, abgesehen von den "normalen" Macken, darum will ich das auch nicht überbewerten. Interessanter finde ich eben das grundsätzliche Muster, von dem der Züchter sagt, für jeden Erfolg macht er eine Kerbe ...

  • War das das einzige Mal, dass Blut geflossen ist? Dann war es evtl. auch der Situation geschuldet.

    Ja, abgesehen von den "normalen" Macken, darum will ich das auch nicht überbewerten. Interessanter finde ich eben das grundsätzliche Muster, von dem der Züchter sagt, für jeden Erfolg macht er eine Kerbe ...

    Naja, ob das wirklich so ist bleibt mal dahin gestellt.



    Du machst dir Gedanken, du hast die Möglichkeit, Threu ständig bei dir zu haben, du bist gewillt (an dir) zu arbeiten. Das sind m.M.n. zumindest Vorgaben, die für das Bleiben von Threu sprechen. Und Threu ist noch sehr jung.


    Du kannst 100 Trainer finden und fragen und wirst vermutlich auch 100 Meinungen erhalten. Letzten Endes musst du es entscheiden.


    Ich habe auch eine Hundetrainierin und sie ist eigenlicht eher eine Menschentrainerin. Mein Hund ist nicht verkehrt, nur mir fehlt Wissen, einige Grundlagen, Konsequenz und, und, und.