Kontrolle oder Liebe? Wie merke ich den Unterschied?

  • Hallo,


    ihr seid ja alle erfahren hier mit euren Schäferhunden. Vielleicht könnt ihr mir meine Frage beantworten, auch wenn ihr den Hund nicht kennt.

    Ich nenne einfach nochmal kurz die Grundzüge und Gegebenheiten.


    Wie ihr ja wisst, haben wir den Kerl aus dem Auslandstierschutz geholt. Vor 1.5 Jahren.

    Er war da schon recht anhänglich, teils aufdringlich, aber nicht so schlimm wie manch anderer dort. Beim Gassi hat er sich (so glauben wir) sehr wohl gefühlt, hatte aber eine Hündin dabei, die ihm Sicherheit gab. Aber zum Abschluss der jeweiligen Gänge hat er sich jedesmal auf den Boden gelegt und uns seinen Bauch gezeigt. Ich dachte, das machen Hunde nur bei absolutem Vertrauen?


    Zuhause ist er uns anfangs auf Schritt und Tritt gefolgt, hatte immer Angst alleine zu sein. Schlief monatelang nur mit Nachtlicht. Zu Anfang schliefen wir mit ihm im Wohnzimmer, er auf seinem Platz, wir abwechselnd auf der Couch. Auch weil er ja nicht stubenrein war, damit wir gleich seine Zeichen merkten. Und er nicht allein war, da hat er geweint.

    Mit Nachtlicht wurde dann alles besser, er schlief allein im Wohnzimmer. Wir oben in der Galerie (unser Schlafzimmer). Er hörte ja dass wir da waren.


    Es wurde auch immer besser. Nur hat er oft immer noch die Anwandlung, mir auf Schritt und Tritt zu folgen. Vor allem mir. Er will immer in meiner Nähe sein. Ich gehe vormittags arbeiten, wenn ich heimkomme ist das ein Freudenfest für ihn, er hört schon mein Auto vorfahren und ist höchst aufgeregt und winselt, hüpft und springt. Sagt mein Mann, der arbeitet immer im Homeoffice, ist also immer da.

    Bin ich dann da, kommt er gleich und wartet auf Begrüßung. Die kriegt er auch, aber erst nachdem ich alles abgestellt, ausgepackt habe, mich umgekleidet habe usw.

    Dann bringe ich ihn ins Sitz und er darf Pfote geben, danach ab und zu auf Kommando hochspringen.


    Aber ist das richtig? Ich bin nicht sicher. Mir wurde mal gesagt, das Hochspringen ist eine Art "Schimpfen" mit mir, weil ich weg war. Das Hochklettern wäre einfach Freude.
    Ich sehe ihm die Freude aber an, man meint, er lacht, der Schwanz (ja, ich weiß, die Rute) dreht sich wie ein Propeller.....


    Was stimmt denn nun? Ist es Dominanzverhalten und Eingrenzung seinerseits oder wirklich nur Freude?

    Ich mein, er ist so eine Mimmi, der heult allein, der weint im Dunkeln, der fürchtet sich vor dem Zischen der Wasserflasche etc. Man traut ihm also irgendwie kein Dominanzverhalten zu.

    Dennoch wurde mir gesagt, die tun nur so freundlich, sie können das gut überspielen und sind eigentlich teilweise machtbesessen und wollen die Weltherrschaft.


    Ja was stimmt denn nun?

    Jeder Tag mit ihm war und ist eine Herausforderung, weil wir immer wieder neue Seiten, positive wie auch manchmal negative kennen gelernt haben und auch noch immer kennen lernen.


    Vielleicht könnt ihr mir noch euere Erfahrungen mitteilen. Wie handhabt ihr so manche Situationen?
    Was darf euer Hund? Womit könnt ihr euch nicht anfreunden? Was ist für euch übergriffig vom Hund und was findet ihr noch in Ordnung?

    Wie unterscheide ich das, auf welche Zeichen des Hundes muss ich achten?


    Danke euch schonmal.


    melli

  • Ja, er springt auf Kommando. Ich stehe halt vor ihm und klopfe mir mit beiden Händen auf Brusthöhe, das ist das Kommando.

    Er tut es auch mal so, aber da drehe ich mich weg, weil ich das ja nicht möchte.


    Er braucht eine "Mama" sagte ja die Dame von der Pflegestelle damals.... aber dass er so sehr eine Mama braucht.... damit rechnete ich nicht. Er ist wirklich sehr anhänglich, bei mir und meiner Tochter lässt er sich eher gehen als bei meinem Mann.


    Das macht es uns ja immer so schwer zu unterscheiden, ob er einfach nur dankbar und voller Liebe ist, weil er so ein schönes Zuhause bekommen hat oder ob er der Rudelführer werden will.

  • Mein Hund folgt mir mittlerweile zwar nicht mehr auf Schritt und Tritt, ist aber doch meistens da, wo ich bin. Z. B. beim Duschen vor der Dusche. Wenn ich vom Einkaufen nach Hause komme, liegt er meist innen vor der Haustür und ich deute sein Verhalten als Freude, was er dann zeigt (Schwanzwedeln, zu mir kommen). Ich stelle auch erst meine Einkäufe weg.


    Wenn mein Mann nach Hause kommt, flippt der Hund regelrecht aus. Ich sage immer "Dobby (der Hauself aus Harry Potter) freut sich, dass der Herr sein Augenmerk auf ihn richtet."


    Und so, wie du es schilderst, glaube ich auch, dein Hund freut sich.


    Dieses "er will die Weltherschaft an sich reißen" empfinde ich als Blödsinn.

  • Wenn das Anspringen für dich kein Problem ist, dann lass es dir nicht von anderen zum Problem machen.


    Ero springt mich auch an, das darf er auch, er hat es von klein auf so gelernt (im Sport) und ich habe es im Alltag auch einfach nie abgestellt 🤷🏼‍♀️


    Dass Hunde - egal mit welcher Handlung - die Weltherrschaft an sich reißen wollen, bezweifle ich mal ganz grundsätzlich ^^

  • schon mein Auto vorfahren und ist höchst aufgeregt und winselt, hüpft und springt

    wenn er dabei nicht gerade eure Haustür zerkratzt und die Garderobe umschmeißt ist das doch OK, meiner Meinung nach,

    Bin ich dann da, kommt er gleich und wartet auf Begrüßung. Die kriegt er auch, aber erst nachdem ich alles abgestellt, ausgepackt habe, mich umgekleidet habe usw.

    Dann bringe ich ihn ins Sitz und er darf Pfote geben, danach ab und zu auf Kommando hochspringen

    damit hast du doch schon ein ganz tolles Ritual eingeführt mit dem ihr doch bestens leben könnt!

    Als Dominanzverhalten würde ich das, deinen Schilderungen nach, wirklich nicht bezeichnen, und, wenn man die Geschichte von euch und euerm Hund hier verfolgt hat, seid ihr wirklich auf einem guten Weg!

  • Ich glaube, sich zu fragen "freut er sich noch oder kontrolliert er schon" ist der wichtigste Schritt in der ganzen Geschichte, weil es zeigt, dass du sensibel für dieses Thema bist und nicht von Haus aus jedes Schwanzwedeln und Anspringen als "Freude" abtust.


    Und ich glaube, wenn man sensibel für dieses Thema ist, merkt man selbst schon ziemlich genau, ob der Hund sich gerade freut oder ob er kontrolliert und maßregelt. Ich wusste das bei meinem relativ schnell, dass er sich nicht freut sondern total aufgeregt ist, weil ich weg war, dass das Anspringen eine Maßregelung war und dass das ständige Verfolgen im Haus Kontrolle ist.


    Also vertrau auf dein Gefühl und nicht auf das, was Leute sagen, die deinen Hund schlecht oder gar nicht kennen.

  • also ich finde es nicht schön, wenn dir gesagt wurde, dass dein hund die weltherrschaft an sich reissen möchte. Er freut sich einfach und du hast das anspringen wenn du nachhause kommst, eh unter kontrolle.

    Wenn ich heimkomme springt mich sam auch ein paar mal an und fetzt vor lauter freude durch die bude samt seinem gesang.

    Ich freu mich immer darüber, dass sich meine hunde so sehr über meine rückkehr freuen. Wer freut sich sonst so offensichtlich, als wie meine hunde. Ich finde das schön. Es muss aber dann auch wieder schluss sein und das wissen sie auch.

  • Ja, es ist definitiv Freude bei ihm. Ich habe es heute wieder genau beobachtet. Er ist so aufgeregt, freudig aufgeregt.

    Er folgt mir nicht ständig auf Schritt und Tritt. Er möchte in meiner Nähe sein. Aber er steht jetzt nicht vor der Klotür und wartet..... das tut schon die Katze jeden Morgen :rolleyes:


    Er ist einfach anhänglich. Vielleicht hat er auch Angst, uns wieder zu verlieren. Man weiß ja echt nicht, was ihm so passiert ist in seinem vorherigen jungen Leben.

    Er ist jedenfalls irgendwie dumm, weil sonst hätten die ihn nicht eingefangen .... und manchmal merkt man das auch.... er hat keinerlei Lebenserfahrung. Er stellt sich manchmal an..... wie man so schön sagt.

  • na ja, als dumm würde ich ihn nicht bezeichnen. Seine treue und sein vertrauen wurden zutiefst erschüttert und das alles sind nun die folgen davon und er wird tatsächlich angst haben, dich/euch wieder zu verlieren. Ob er diese angst jemals verlieren wird, das wird dir nur die zeit zeigen. Sei stolz auf dich/ihn, dass ihr schon so ein tolles stück vertrauensbildung geschafft habt.

  • Nein, nein, so dumm ist er nicht. So ernst war das nicht gemeint.


    Was der gute Kerl in den 1,5 Jahren gelernt hat ist enorm. Er gibt sich so viel Mühe, will uns gefallen, mir vor allem, weil ich ihn ja oftmals in Frage stelle.... er ist extrem gelehrig und eifrig beim Training. Absolut dabei mit all seinen Sinnen und aufmerksam wie nie zuvor. Man merkt, es tut ihm enorm gut und macht im Freude.
    Vor allem aber, weil er jetzt regelmäßig mit meinem Mann dahin geht. Er hat auch gemerkt, dass es mir nicht so viel Freude bereitet hat. Für mich war das lästige Pflicht, das gebe ich zu.

    Für mich ist die morgendliche Runde um 6.30 Uhr okay, das mache ich, weil ich damit ganz gut in den Tag starte. Auch wenn ich manchmal bei Sturm und Regen nur widerwillig gehe, er aber auch ^^


    Ich habe mir vieles anders vorgestellt, ich wusste auch vorher nicht, dass mir ein Leben mit Hund nicht so gefällt. Das kann man auch erst merken, wenn man es ausprobiert.

    Und er merkt das immer, wenn es um ihn geht und wir über ihn reden, dann schnauft er schwer und stöhnt manchmal. So nach dem Motto "oh nö, nicht schon wieder.... es geht wieder um mich...." Ist ja fast irgendwie lustig.


    Doch, ich glaube schon, er vertraut uns sehr. Wir dürfen auch sehr viel mit ihm machen, er lässt sich viel gefallen wie man so sagt.


    Man tut sich halt immer sehr schwer, wenn man zu Anfang einer Hundebeziehung soviel unterschiedliche Sachen hört. Die einen sagen dies, die anderen das, dritte wieder ganz was anderes.


    Aber wir haben gelernt, auf unsern Hund zu hören, ihn zu lesen, besser wahrzunehmen, nicht nebenbei laufen lassen (so hatten wir uns das nämlich vorgestellt, ein Nebenbeihund, aber das gibt´s ja gar nicht....sehe ich aber mittlerweile oft), er will Anweisungen. Er steht manchmal einfach so vor der Couch und schaut fragend.
    Wir sagen ihm dann, er soll auf seinen Platz gehen. Das ist eine einfache Anweisung, die er befolgt. Er ist so unsicher oftmals, wir geben ihm dann einfach eine Aufgabe. Und sei es nur ein "Sitz" und dann ein "Hallo" - dann gibt er Pfote.


    Darum kann ich immer nicht glauben, dass er dominieren will.... in der Wohnung nicht.


    Draußen schon denke ich. Da läuft er mit mir ganz anders als wenn mein Mann ihn führt. Er läuft stolz, erhaben über den Dingen, aufmerksam (aber nicht auf mich) und mich beschützend vorangehend. Er würde töten für mich glaub ich.

    Auch wenn er gepinkelt hat, er scharrt dann oft.... ob das auch stimmt, dass dies auch Dominanzverhalten wäre? Sagte man mir halt auch. Er pinkelt aber wie ein Mädchen. Hebt fast nie das Bein und auch nie wirklich hoch. Nicht so hoch, dass man meint, er fällt um dabei. Nur so hoch, dass er gut pinkeln kann.


    Der Pinscher von Freunden hatte mal ein Gipsbeinchen, beim Heben (und er hebt hoch, immer schon sehr hoch) ist er leider umgefallen :D :D es war wohl zu schwer.


    Naja, ich schweife vom Thema Dominanz und Begrenzung ab. Sorry.


    Ich bin aber sehr froh, dass wir soviel Trainer hatten, auch wenn jeder was anderes wusste, aber im gesamten haben wir viel erfahren, gelernt und vor allem aber gelernt, unseren Hund zu lesen und seine Zeichen zu deuten.

  • Dieses "Gegockel" nach dem Pinkeln kann auch überspielen von Unsicherheit sein.

    Es gibt beim Hund nicht nur "dominant" und "devot", es gibt noch zig andere Charaktereigenschaften und Umwelteinflüsse, die Verhalten erklären.

  • Wir5 Wenn sein Verhalten für euch Ok und händelbar ist, Wo ist dann das eigentliche Problem? :/

    Man tut sich halt immer sehr schwer, wenn man zu Anfang einer Hundebeziehung soviel unterschiedliche Sachen hört. Die einen sagen dies, die anderen das, dritte wieder ganz was anderes.

    Deshalb höre ich eigentlich nur auf MEIN Bauchgefühl. Denn schließlich muß ICH mit meinen Hunden zusammenleben. ;)

    Dass Hunde - egal mit welcher Handlung - die Weltherrschaft an sich reißen wollen, bezweifle ich mal ganz grundsätzlich ^^

    Vielleicht ist nicht unbedingt die Weltherrschaft ihr Ziel, aber ihre Stellung im Rudelverband wollen viele Hunde schon gern verbessern. Was ja auch biologisch nachvollziehbar und Ok ist.