Genetik vs. menschliche Einflussnahme

  • Sacred , das ist richtig so sehe ich das auch, nur suggeriert diese Aussage in den Kontexten in dem sie häufig, vor allem auch von Nicht-Hundehaltern gebraucht wird, wenn es zum Beispiel zu Beißvorfällen gekommen ist, dass jede Persönlichkeit mit jedem Typ Hund , mit jeder Rasse zurechtkommen müßte.

    Und dem ist ja nun wirklich nicht so!

  • Das ist wirklich ein spannendes Thema! Hab hier manche Punkte gelesen, die ich so nicht auf dem Schirm hatte.

    Aras ist ja auch LZ und ich bin mal gespannt, wie das dann alles so klappt. Er will lernen, das merkt man jetzt schon. Aber das will ein HZ vermutlich auch…. :/


    Werde das hier auf jeden Fall weiter verfolgen!

  • Sacred , das ist richtig so sehe ich das auch, nur suggeriert diese Aussage in den Kontexten in dem sie häufig, vor allem auch von Nicht-Hundehaltern gebraucht wird, wenn es zum Beispiel zu Beißvorfällen gekommen ist, dass jede Persönlichkeit mit jedem Typ Hund , mit jeder Rasse zurechtkommen müßte.

    Und dem ist ja nun wirklich nicht so!

    Das stimmt natürlich.

    Ich hatte halt den ein oder anderen vor Augen der meint ein Hund braucht doch nur genug Liiiiebe (mit Absicht so geschrieben)

    Da halte ich immer ganz gerne Abstand ;)

  • Ja, das geht mir auch so.


    Wobei ich aber glaube, dass es auch bei dieser sogenannten Liiiiiebe einfach unterschiedliche Auffassungen von Liebe gibt.


    Bei mir ist Liebe Grenzen setzen, Verantwortung übernehmen, Entscheidungen treffen.


    Ich schlackere schon mit den Ohren wenn ich höre: der Hund, nee, sogar der WELPE, braucht Freiheit, er soll seine eigenen Entscheidungen treffen können. 😣

  • Phaja war zum Teil ein eher unsicherer Hund, der Probleme mit Höhe und glatten Böden hatte. Für eine WB hätte ich da üben können bis zum Erbrechen, das wäre nicht besser geworden. Wie ich vorn zwei Jahren erfahren hatte, war eine Wurfschwester von ihr genau so. Da muss also schon was in der Linie gewesen sein. Phaja war im Büro unauffällig, sie hat es nicht interessiert, ob jemand reinkam. Gejagt hat sie wie Sau, da hatte ich einige Jahre Antijagdtraining geübt, bis sie mit 9 Jahren von einem Hasen abrufbar war. Sie war sehr beutegeil, aber auch sehr auf mich bezogen. Wenn ich mich mal versteckt habe, hat sie mich danach eine ganze Weile nicht mehr aus den Augen gelassen.

    Ich lese da sehr sehr viele Parallelen zu Sam und frage mich gerade, ob das mit der HD zu tun haben könnte. Glatte Böden, Höhe, das ist für Sam auch ein Problem und dass er auch eher ein unsicherer Typ ist und der Jagdtrieb ist auch nicht zu unterschätzen, den ich gut im Blick haben muss.

    So dass ich mich jetzt überhaupt frage, ob die beiden nicht in ihren Vorfahren verwandt sein könnten? Damit wären wir ja wieder bei der Genetik angelangt.


    Mein erster DSH, Billi, war ein Draufgänger, schon von Anfang an. Der fürchtete sich vor nichts und war sehr gelehrig. Ich muss aber auch sagen, da war ich 15 Jahre alt und auch eher, dank meiner Jugend, unerschrocken und zu allen Schandtaten bereit und da nahm ich natürlich immer meinen Billi überall hin mit. Seine Schutzdienste waren so gigantisch, dass ihn die Polizei kaufen wollte. Wir gaben ihn aber nicht her. Aber ich hab mit dem Schutzdienst aufgegeben, weil Billi mir zu stark wurde. Da war er so um die 6Jahre alt.


    Mein zweiter DSH, Xorro, war ein total liebenswerter DSH, schon von klein auf. Sehr zugänglich, mittelmäßig ehrgeizig, liebte Kinder und andere Hunde, der hätte nie jemandem etwas getan. So waren auch seine Schutzdienste, mittelmäßig bis schlecht. Aber er war ein 100%iger Familienhund. Er hätte nie einen zu meinem Kind gelassen.

  • Ich schlackere schon mit den Ohren wenn ich höre: der Hund, nee, sogar der WELPE, braucht Freiheit, er soll seine eigenen Entscheidungen treffen können. 😣

    Naja, zumindest meine Hunde sollen schon eigene Entscheidungen treffen können. In einem mehr oder weniger weit gestecktem Rahmen natürlich. Gerade HSH sind ja auch dafür gezüchtet. Ich als Halter muß dabei nur darauf achten, das ihre Entscheidungen nicht zu einer Gefahr werden. Weder für Sie noch für Andere. Im Ergebnis habe ich zufriedene und entspannte Hunde, die weitreichende Freiheiten genießen können.

  • Naja, zumindest meine Hunde sollen schon eigene Entscheidungen treffen können. In einem mehr oder weniger weit gestecktem Rahmen natürlich. Gerade HSH sind ja auch dafür gezüchtet. Ich als Halter muß dabei nur darauf achten, das ihre Entscheidungen nicht zu einer Gefahr werden. Weder für Sie noch für Andere. Im Ergebnis habe ich zufriedene und entspannte Hunde, die weitreichende Freiheiten genießen können.

    Jap, bin ganz deiner Meinung. Auch bei "nich HSH" ist hier halt der Trick verschiedene Situationen so zu manipulieren dass es ziemlich sicher ist dass der Hund die richtige Entscheidung trifft. Wenn diese Möglichkeit nicht besteht, lasse ich meine Hunde möglichst nicht falsche Entscheidungen treffen.


    Aber viele Leute verstehen unter Freiheit und Entscheidungen halt à la jippiiiiiiiiiii

  • Das ist doch bei Menschenkindern ähnlich.

    Ich möchte, dass meine Kinder lernen, dass sie eine Selbstwirksamkeit haben, dass sie Entscheidungen treffen können. Aber ich kann ein Kleinkind nun mal nicht selbst sein Leben bestimmen lassen (ok, solche Eltern gibt's auch... :rolleyes: ).
    Deshalb gebe ich meinem Kind Wahlmöglichkeiten, aber eben nur Optionen, die für mich auch ok sind.
    Möchtest du im Bus am Fenster sitzen oder am Gang (stehen ist also keine Option)?
    Ziehst du heute die rote oder die blaue Strumpfhose an (keine Strumpfhose ist also keine Option)?


    Und in einem ähnlichen Rahmen kann man auch den Hund "wählen" lassen.

    Aber auch hier müssen Hund und Halter das erst lernen, wie das funktioniert.


    Und ich denke, es gibt Hunde, die auf Grund ihres Wesens, ihrer Rasse und ihrer Vorgeschichte nicht gut geeignet sind, um ihnen viel Wahl zu lassen.

    Mir fällt da ein Hund aus dem Tierschutz ein, der gegen Ende seines Tierheimaufenthalts nur noch durch eine Schleuse gefüttert wurde, weil sich niemand zu ihm rein traute. Dieser Hund lebt nun mit zwei kleinen Kindern in einem Haushalt und wenn Besuch kommt, legt er sich mit aufs Sofa und dem Besuch den Kopf aufs Knie und möchte gestreichelt werden. Das alles funktioniert aber nur, weil er einen Besitzer hat, der ihm sehr klare und sehr, sehr konsequente Regeln und Grenzen vorgibt.

  • Mir fällt da ein Hund aus dem Tierschutz ein, der gegen Ende seines Tierheimaufenthalts nur noch durch eine Schleuse gefüttert wurde, weil sich niemand zu ihm rein traute. Dieser Hund lebt nun mit zwei kleinen Kindern in einem Haushalt und wenn Besuch kommt, legt er sich mit aufs Sofa und dem Besuch den Kopf aufs Knie und möchte gestreichelt werden. Das alles funktioniert aber nur, weil er einen Besitzer hat, der ihm sehr klare und sehr, sehr konsequente Regeln und Grenzen vorgibt.

    Der Sack galt im Tierheim auch als gefährlich. 5 Tage nach der Übernahme lag er mit ihm bis dahin völlig Fremden entspannt zusammen auf dem Sofa ...

  • Crazy kann nicht mehr mit ins Büro kommen, da sie da sehr territoral reagiert. Kann man sicher daran arbeiten, aber ich will es mir mit meinen Chefs auch nicht verscherzen, daher kommt sie nur noch mit, wenn es nicht anders geht.

    Ui ... das wäre bei mir der Supergau. Leider entwickelt es sich bei Django auch gerade ein klitzekleines bisschen in diese Richtung. Bellen, wenn Leute reinkommen ... unvermittelt los schießen usw. Eher ungünstig am Empfang. Aber ich MUSS daran arbeiten, weil wir keine andere Alternative haben. Derzeit ist er an der Leine - oder meine Tür ist zu. Auf Dauer ist das aber nicht das, was ich mir wünsche.


    Heute sitze ich in einem anderen Büro mit Glastüren und als eben jemand vorbeilief ist er gegen die Glastür gedonnert. Vielleicht hat er was gelernt :/ :?:

  • Ich würde da nicht gegenan arbeiten, sondern das Verhalten eher fördern und dabei in eine akzeptable Richtung lenken. Sprich der Hund zeigt an das da Etwas ist und ihr übernehmt dann. So hat der Hund eine Aufgabe und ist beschäftigt, was ja zu seiner Zufriedenheit/Ausgeglichenheit beiträgt. Zudem fördert eine gemeinsame Beschäftigung auch die Bindung.

  • Was mir bei Brummi eben auch aufgefallen bzw. erst letztens klar geworden ist:


    Sein Leinengepöbel ist territorial motiviert und NICHT das Resultat (meiner) "verkorksten" Erziehung, denn erziehungsmäßig habe ich alles daran gesetzt, einen verträglichen, entspannten Hund zu bekommen, der Artgenossen neutral bewertet bzw. ignoriert. Er hat nie schlechte Erfahrungen mit anderen Hunden gemacht, also war das auch nicht der potentielle Auslöser für sein Verhalten - also konnte das nur "in ihm festgeschrieben" sein, er zeigte das auch schon sehr früh gegenüber fremden, ihm unbekannten Hunden, damals aber eher noch unsicher, heute ist er in seinen Gedanken fest entschlossen: Er will andere Hunde nicht in seinem Dunstkreis und da gibts für ihn auch nichts zu diskutieren. Lernen, sie weitestgehend zu erdulden, muss er aber trotzdem, egal wie sehr er sie hasst und egal, wie lange das dauert und wie viel Aufwand das bedeutet.


    Bei Brummi fällt mir allmählich auch der immer stärker werdende Schutztrieb auf, insbesondere des nachts findet er Menschen, die sich uns im Dunkeln nähern oder "anschleichen", sehr suspekt und ist gar nicht begeistert, fixiert sie und macht sich bereit - vermutlich um loszubellen, sollten sie doch zu nahe kommen. Er bellt gerne. Wechsle ich die Straßenseite und die Leute laufen einfach weiter ihres Weges, ist das für ihn aber völlig in Ordnung und er bleibt entspannt, manchmal muss ich ihn aber dran erinnern, dass das für uns wirklich so in Ordnung ist. ;)


    Brummi "darf" ich tatsächlich aufgrund seines Wesens keine Entscheidungen in gewisser Art selbständig fällen lassen, sonst wäre er völlig außer Kontrolle. Und Kontrolle ist hier das Stichwort: er denkt ganz schnell, er müsse kontrollieren: die Türen, uns, Menschen draußen, den Hamster, andere Hunde... und das stresst ihn EXTREM. Nur dadurch, dass ich ihm so einen engen Spielraum lasse, ist es ihm möglich, entspannt zu sein und auch Freiheiten genießen zu können, die er sonst nicht hätte, da er nicht kontrollierbar wäre - einfach, weil er dadurch nichts kontrollieren muss, das übernehme ich für ihn und das ist unglaublich anstrengend im Alltag.


    Es ist nicht einfach, genetische oder rassespezifische Veranlagungen zu lenken, wenn diese unerwünscht sind, denn die kann man nicht einfach ausmerzen, wie man Erziehungsfehler ausmerzen kann. Da muss man irgendwie immer Wege drum rum finden und auch damit leben können, nicht das zu erreichen, was man will. Ein Hund wie Brummi wird niemals(!) Spaß daran haben, mit anderen Hunden beim Gassi spielen zu müssen, das wird niemals machbar sein. Bei Hunden, die er (schon als Welpe) kennt, ja. Andere haben nichts in "seinem Territorium" verloren und da jetzt zu versuchen, das zu wuppen, dass er mit allen verträglich ist und alle Hunde liebt, ist unmöglich, da hätt ich wohl nen Labrador holen müssen. :S


    Klingelt es bei uns, dann muss er in die Box. Mag der Besuch keine Hunde oder entspannt er sich nicht, mache ich die Tür auch zu, damit sowohl Hund als auch Besuch ihre Ruhe haben (und allen voran ich, sonst muss ich ihn permanent im Auge behalten). Jenachdem, wer zu Besuch kommt, bekommt er seinen Maulkorb auf, denn der entspannt ihn (das haben wir so anfangs in Welpentagen lange trainiert: Maulkorb = Schläfchen halten) und er darf dann auch hallo sagen, wird aber wieder in die Box geschickt, wenn er zu sehr hoch dreht und darf wieder raus, wenn er sich entspannt hat. Geht der Besuch in einen anderen Raum, gehe ICH mit und "kontrolliere", damit Brummi nicht das Gefühl hat, das tun zu müssen.


    Wuffelt er, weil was an der Tür ist oder er ein Geräusch hört, gehe ich hin (oder gucke umher), tue so, als ob ich gucke/kontrolliere und sage "is gut", damit er weiß: ich checke das ab, nicht er, er darf drauf aufmerksam machen (er hat ja nunmal die besseren Ohren), aber "abchecken" ist dann meine Aufgabe, nicht seine und wenn ich sage "is gut", dann ist auch alles gut. Damit ist er zufrieden und legt den Kopf wieder ab und pennt weiter. Weil ihm das Wuffeln zu verbieten, ist unmöglich und wieso sollte man das auch tun, es liegt eben in seiner Veranlagung, das zu tun, das ist einfach eine Rasse, die das durchaus auch zu tun hat(te). Will man einen Hund ohne Wachtrieb und möglichst wenig Territorialverhalten, dann hat man wie gesagt einen Show-Labbi oder so was. Territoriale Aggression entsteht durch Territorialverhalten, das man nicht kontrolliert und ggf. korrigiert.


    Man darf halt nicht vergessen, dass grade der Deutsche Schäferhund ein Hund ist, der ein sehr ausgeprägtes territoriales Verhalten, ausgeprägte Schutz- und Wachtriebe sowie ein sehr lautes, gesprächiges Schallorgan mit sich bringt. Ich finde es überhaupt nicht verwunderlich, wenn Schäfis entsprechend andere Hunde blöd finden, das lautstark zum Ausdruck bringen, Fremde nicht in die Wohnung lassen und auf nichts und niemanden gut zu sprechen sind und bei jedem Geräusch rumblöken - wenn man es nicht entsprechend lenkt.


    So dumm das klingt, aber die Erkenntnis kam mir auch reichlich spät, denn es wird einem immerzu und von allen Seiten eingetrichtert ("Es ist nie der Hund, sondern immer das andere Ende der Leine!"), man sei daran Schuld, dass der Hund so ist, wie er ist. Der bellt, wenn es klingelt, weil du ihm das so ankonditioniert hast. Der hasst andere Hunde, weil du den zu wenig/viel/ausgiebig/gehemmt mit anderen Hunden hast spielen lassen. Der mag Fremde nicht, weil du dich im Haus kontrollieren lässt. Blablabla, kennt ihr ja alles.


    Der bellt, weil es ein Hund ist (stellt euch vor, Fiffi von Oma Gisela schreit unter dem Hoftor hindurch "hau ab du Mistköter von Krötenburg oder ich zerfetz dir deine Visage, dass es sich gewaschen hat!", da ist so ein Bellen in Menschenohren doch echt angenehmer, als Morddrohungen von Hoftorkläffern hören zu müssen...). Der mag andere Hunde nicht, weil die frecherweise in seinem Gebiet umher spazieren und sich auch noch erdreisten, an seinem Baum zu markieren (wir erinnern uns, dass der Wolf ganz klar abgesteckte Gebiete für sich beansprucht und wer da rein kommt, ggf. eliminiert wird?). Der lässt Fremde nicht rein, weil er ja nicht davon ausgeht, dass die hier etwas zu verloren haben (dass andere Hunde sich gegenseitig "besuchen" kommen, ist völlig unnatürlich). Der kontrolliert, weil er sicher gehen will, dass alles sicher ist und er sich das als Aufgabe rausgesucht hat (vermutlich, weil der Mensch das nicht macht und dem Hund da "freie Hand" lässt, bewusst oder unbewusst, gewollt oder ungewollt).


    Ob das letztlich gut und erwünscht ist, liegt ja immer am Halter, der dann was tun muss, wenn ihm das nicht gefällt...

  • Sein Leinengepöbel ist territorial motiviert

    Sorry, aber :D Das, was du beschreibst, klingt eher nach einem sehr unsicheren Hund, der vielleicht gerne Chefe sein möchte, aber mental gar nicht dazu in der Lage wäre. Das hat mit territorial erst einmal gar nichts zu tun.

    Bei Brummi fällt mir allmählich auch der immer stärker werdende Schutztrieb auf,

    Ist es nicht viel eher auch hier blanke Unsicherheit? Dein Hund war doch, nach deinen Beschreibungen, schon vor der Kastration schon eher unsicher. Und jetzt wo ihm das "MutmachHormon" fehlt soll er plötzlich Territorialverhalten und Schutztrieb entwickeln? Ich denke eher nicht. Meiner Meinung nach dürfte es sich eher um Angstaggression handeln.

    Ich schreibe das nicht um dich zu ärgern, sondern weil die Vorgehensweisen damit umzugehen völlig verschieden sind.