Mir hat der Post von Boss im Brummi-Fred so gut gefallen, dass ich das Thema Konsequenz gerne etwas vertiefen möchte.
Boss schrieb:
ZitatAlles anzeigenUnd auch wenn das Wort Konsequenz nicht so gerne gehört wird, Fakt ist einfach, dass es uns für den Hund „berechenbarer“ macht und das schafft Sicherheit. Und Sicherheit schafft Vertrauen. Das ist für jeden Hund wichtig und noch viel mehr, für solche Hunde wie es Aslan ist. Du baust ihm damit eine Treppe, überforderst ihn nicht mit einer Weite wie in der Steppe. Ist wie ein Treppengeländer für uns, an dem wir uns festhalten können, wenn wir da unsicher sind. Wo gehst du denn lieber runter, auf einer weiten Treppe ohne Geländer oder auf einer mit angenehmen Breite und mit Geländer?
Manchmal denke ich mir, dieses Wort Konsequenz wird gründlich missverstanden. Das hat nichts mit Gängelei, dem Hund meinen Willen aufzwingen, I-Tüpfel-Reiterei zu tun. Es hat nichts mit Strenge, anschnauzen, anbrüllen oder Handgreiflichkeiten zu tun. Es hat nichts mit Hau-Ruck-Methoden und Zwang zu tun. Nein!!!! Je genauer du Aslan mitteilst, was du möchtest, umso eher wird er das auch begreifen können. Und wenn er es begreift, kann er das auch umsetzen. Und je eher du beginnst, sein nicht gewünschtes Verhalten zu unterbrechen, umso besser wird dir das gelingen.
Damit er sich erst gar nicht reinsteigern kann. Am Besten wäre es ohnehin, wenn er damit gar nicht beginnt, also schon von Anfang an darauf achtet, das gewünschte Verhalten sofort!!! Zu belohnen.
Andersrum gesagt, es dem Hund so leicht wie möglich machen, das Richtige zu tun. Jeder hat so seine Ansprüche und Methoden für seine Hunde, das ist meiner.
Auch für mich ist Konsequenz die Grundlage jeder erfolgreichen Erziehung - ich gebe aber zu, dass ich manchmal zur Inkonsequenz neige, wenn beispielsweise meine Hunde Mauselöcher ausbuddeln oder Chia sich ein Stöckchen im Wald mitnimmt.
Richtig wäre, unerwünschtes Verhalten immer sofort zu unterbinden und nie zu erlauben - auch nicht, wenn man selbst gerade müde oder erschöpft ist oder man abgelenkt ist.
Aber - und obwohl ich das weiß, versage ich in dieser Beziehung ab und zu ... meistens, weil ich nicht immer die Spaßbremse sein will, die den Hunden ihre Freude nimmt.
Dabei weiß ich, wie wichtig Konsequenz für die Bindung des Hundes zu seinem Menschen ist, weil sie eben Sicherheit gibt und dem Hund zeigt, dass er sich einfach immer auf seinen Menschen verlassen kann, weil dessen Handeln für den Hund berechenbar ist.
Ich schweife kurz zu meinen Pferden ab, denn ich halte ja seit 1993 auch Hengste, die ja häufig als unberechenbarer gelten, als Wallache oder Stuten, weil sie sich gerne mal von ihren Hormonen und Trieben steuern lassen und auch sehr gerne mal nachfragen und dazu neigen, zu testen, ob das Menschlein das wirklich ernst meint, was es sagt, oder man es ein bisschen erschrecken kann, indem man beisst, den Menschen ansteigt oder den Hinterhuf drohend hebt.
Von so einem 600 kg schweren Hengst geht also eine ungleich größere Gefahr aus, als von einem 35 kg schweren Hund. Konsequenz wird lebenswichtig.
Mein spanisches Moppelpony war ein sehr devotes Pferd, als er bei mir einzog, denn er war mit Härte und Zwang zum Gehorsam erzogen worden. Das funktioniert dann, wenn man immer die Position des Chefs und damit des Stärkeren bekleiden kann. Sobald man aber Schwäche zeigt, wird der Hengst die Chance unter Umständen nutzen, um die Position des Chefs in Frage zu stellen, um selbst der Chef zu werden.
Mir ist so ein Weg zu mühsam, denn mein Weg ist der des freundschaftlichen Miteinanders.
Aber der erfordert eben auch besagte Konsequenz. Ein unerwünschtes Verhalten muss immer unerwünscht sein und darf nie geduldet werden. Ein erwünschtes Verhalten wird gelobt und belohnt.
Mein Paradebeispiel ist der Weg mit meinem Spanier von der Weide in den Stall. Führt ihn mein Mann, dann tanzt der Hengst neben ihm piaffierend und passagierend her und versucht auch in die Hand meines Mannes zu zwicken. Schon am Weidetor lässt er sich nicht ruhig aufhalftern, sondern rennt immer wieder zurück und ist das Halfter dann drauf und das Tor öffnet sich, dann prescht mein Liko durch den Spalt, reisst fast das Tor aus den Angeln und galoppiert einmal um meinen Mann herum. Ich konnte bei dem Anblick die Krise bekommen
Sowas würde sich mein Pferd bei mir nämlich nicht erlauben. Ich gehe zur Weide, rufe mein Pferd. Er kommt, lässt sich aufhalftern, bekommt seinen Keks. Dann sage ich "WARTE!" und öffne das Tor komplett. Versucht mein Pferd dabei auf mich zu zu kommen, schicke ich es mit "BACK! wieder zurück. Tritt der Hengst zurück, bekommt er den Keks und wird gelobt. Ist das Tor dann komplett offen, stelle ich mich an die Seite und sage "KOMM - ABER LAAAANGSAM!" Ich lasse ihn dann einen Schritt nach vorne gehen, belohne, dann ist er auch wirklich bei mir und wir schreiten zusammen nach vorne. Wird er schneller, als ich das möchte, halte ich ihn an und schicke ihn mit "BACK" wieder vier Schritte rückwärts. Danach wird angehalten - es folgt die Belohnung und das Lob und wir gehen ruhig weiter, bis wir an der Box angekommen sind. Ganz ohne Beissen, Tänzeln und Aufgepluster.
Mein Mann findet allerdings, dass er für solche Spielereien keine Zeit hat und lebt lieber damit, dass das Pferd ihn fast über den Haufen rennt.
Interessant ist aber, dass der Hengst sich bei ihm auch schnell mal erschreckt, während er bei mir viel gelassener unterwegs ist. Das liegt darin, das sich ihm mit meiner Konsequenz Sicherheit gebe und er weiß, dass er sich auf mich verlassen kann. Er weiß, was ich will und ich reagiere für ihn berechenbar und das gibt ihm Sicherheit.
Theoretisch weiß ich also, dass Konsequenz die Grundlage einer Erziehung ist, die auf Vertrauen basiert und keinen Zwang oder Gewalt benötigt, sondern nur feste Regeln, die immer gelten müssen.
Warum gelingt es mir also nicht, auch bei meinen Hunden immer konequent zu sein? Weil sie mich nicht mit 600 kg über den Haufen rennen können?
Vielleicht ist das wirklich so. Bin ich nicht konequent im Umgang mit meinem Hengst, gehe ich ein hohes Risiko ein. Es lohnt sich also, die Spaßbremse zu sein, die klare Regeln durchsetzt und kein unerwünschtes Verhalten duldet, weil mich das vor Verletzungen schützt.
Bei meinen Hunden begebe ich mich nicht in Gefahr, wenn ich mal nein zum Mauselochbuddeln sage und ein anderes Mal, wenn es mich nervt, dass die Hundedamen dauernd stehen bleiben und ich sowieso schon spät dran bin, das Mauselochbuddeln verbiete.
Aber ich nehme meinen Hunden die Sicherheit, mit der sie mich einschätzen können und genau wissen, was ich möchte und was nicht.
Insofern sollte ich mir also überlegen, was ich erlaube und was ich verbiete, denn entweder erlaube ich es immer - auch wenn ich keine Zeit dafür habe - oder ich verbiete es immer - auch wenn es niedlich aussieht, wie die Beiden ihre Nasen in die Mauselöcher stecken und ich nicht immer die Spaßbremse sein will.
Meine Hunde müssen sich auf mich verlassen können und wissen, was ich will und was ich nicht will, denn damit mache ich es ihnen leicht, meinen Wünschen zu entsprechen.
Ich muss der Fels in der Brandung sein, der sich nicht verändert, nicht nach rechts oder links kippt, wenn es gerade passt oder nicht passt. Ich muss fürmeine Hunde berechenbar sein, damit sie sich auf mich verlassen können. Ich muss ihr Geländer sein, an dem sie entlang laufen, an dem sie sich festhalten können und an dem sie sich immer sicher fühlen dürfen.
Bin ich inkonsequent, verunsichere ich meine Hunde.
Das Gute an diesem, oft anstrengenden Weg, der keine Ausrutscher verzeiht, ist aber, dass es keine Sanktionen, Maßregelungen und Zwang erfordert und eine wunderbare Hund-Mensch-Bindung fördert. Seit ich Chia nicht mehr anschnauze, wenn sie losflitzt, kommt sie zum einen viel schneller wieder zurück, zum anderen kommt sie GERNE zu mir zurück und weiß, dass sie bei mir den besten Platz der Welt findet. Derzeit flitzt sie nicht mal mehr davon, sondern schaut mich an und wenn ich ruhig "Nein - lass es!" sage, dann holt sie ich lieber den Keks und das Lob ab, als loszurennen.
Trotzdem bleibt mein Problem, dassich manchmal inkonsequent bin, um keine Spaßbremse zu sein (Stöckchen und Mauselochbuddeln) oder ich unsicher bin, wie ich Konsequenz richtig umsetze. Ist es besser, Chia aus einer Situation rauszunehmen, wenn sie für einen Moment damit überfordert ist oder sollte ich sie bewusst durch die Situation führen, damit sie merkt, dass auf mich Verlass ist?
Momentan nehme ich sie aus solchen Situationen raus, weil ich denke, dass es am letzten Fitzelchen Bindung noch fehlt, mit dem ich es dann schaffe, dass sie sich auf mich zu 100% verlässt und ich ihr Fels in der Brandung bin. Ich fürchte, wenn ich beim Durchschreiten einer unguten Situation versagen könnte und damit Rückschritte riskiere oder die vorhandene Bindung Risse bekommt.
Ist das schon inkonsequent, wenn ich eine Abzweigung nehme, statt den Weg konsequent weiter zu gehen?
Ich weiß es nicht.
Vielleicht muss ich situationsabhängig handeln ... aber ist das dann auch schon inkonsequent?
Ich finde, dass es viel schwerer ist, Konsequenz beim Hund zu üben und durchzusetzen, als beim Pferd - mein Hengst tickt einfach irgendwie simpler, als Chai das tut.