Ihr Lieben,
bei den plüschigen E´s weiter von meinen Langhaarmädels zu erzählen würde mir wohl sehr schwer fallen und darum dachte ich, dass ich ein neues Thema öffne, in dem ich dann von Bene und Chia berichte, ohne dass ich jedes Mal den Stich ins Herz fühle.
Bene hat ja die OP wirklich super gut weggesteckt und nach dem letzten Tierarzttermin am Freitag soll nun der Verband auch wegbleiben - wo ich gerade eine Literflasche Wunddesinfektion, schachtelweise sterile Mullbinden, Tupfer und Fixierklebestreifen bestellt hatte Ich hoffe trotzdem, dass ich die Sachen nie brauchen werde und bin froh, dass Benes Wunde so gut heilt, dass sie nun auch offen bleiben darf. Den Body soll sie aber noch etwas länger tragen, denn ganz geschlossen ist die Wunde noch nicht. Das wilde Fleisch hat sich aber zurückgebildet und das Krüstchen fällt sicher auch bald ab. Nur den Manukahonig muss ich noch versuchen, irgendwie wieder aus den nachwachsenden Haaren zu pitteln ... ich habe es schon mit Kämmen versucht, aber das Zeug ist ja so klebrig, dass ich es vielleicht mal mit einem bisschen Öl versuchen werde, den Kleister zu entfernen.
Chia hatte ja ihr Debüt auf dem Hundeplatz und auch wenn wir nun nicht mit Glanzleistungen aufwarten konnten, war ich super zufrieden mit ihr und weiß, dass es vor allem an mir ist, besser zu werden und klarere Körpersignale zu geben, respektive auch mehr Sicherheit an Chia zu vermitteln.
Bislang hatte ich sie ja als totalen Frusthund eingestuft, der es einfach an Toleranz fehlt, wenn sie was möchte und nicht darf.
Das ist sicher auch ein bisschen der Fall, wenn sie Hundefreunde trifft, die sie unbedingt begrüssen möchte und ich sie nicht sofort losmache, damit sie dem Kumpel Hallo sagen kann.
Die Trainerin stellte gestern aber auch fest, dass Chia an der Leine auch sehr unsicher ist, wenn andere Hunde sie bedrängen und sie sich dann am liebsten verkriechen würde. Auf der anderen Seite geht sie im Freilauf laut röhrend dazwischen, wenn sich zwei Hunde balgen. Meine kleine Polizistin, die immer für Recht und Ordnung sorgen will.
Ich werde also unbedingt die Bindung zwischen uns stärken müssen, damit sie weiß, dass sie sich auf mich verlassen kann und sie nicht für unser aller Sicherheit sorgen muss.
Der Gang zum Hundesportverein war natürlich gestern ein ungemein schwerer, denn wie erwartet, fragte jeder nach Lyssi und den Leuten, die Scherze machten wie: "Lyssi ist aber in der vergangenen Woche mächtig gewachsen!", stockte dann das Lachen ganz schnell im Hals ... und es flossen sogar Tränen.
Ich hatte in der Zeit mit Lyssi ab und zu mal überlegt, wie weit mich das Training in diesem Hundesportverein bringen kann, denn bis zur IPG 1 wird schon aus Mangel an Helfern nicht trainiert. Da keimte hin und wieder auch mal der Gedanke, ob ich dann doch irgendwann mal wechsle, um mit Lyssi weiter zu kommen.
Aber was ich gestern an Trost und Zuspruch, Mitgefühl und Umarmungen erfuhr, macht mich nun einfach so sicher, dass ich auf diesem Hundeplatz in eine große, wunderbar hundevernarrte Familie aufgenommen wurde, bei der ich mich zuhause fühlen darf. Es wird, wenn Corona mal wieder überstanden ist, auch wieder Kurse mit Fremdtrainern geben und dann ist sicher auch der eine oder andere Fortschritt möglich.
In Chia sah die Trainerin auch großes Potential und sie ist sehr zuversichtlich, dass wir das zusammen mit der Zeit aus meiner Chaosfürstin herauskitzeln können.
Das freut mich natürlich sehr und ich bin auch froh, dass ich nach 20 Jahren trainerlosen Schlamperei auch mal wieder Korrektur erfahre und merke, dass ich dazu neige zu schnell zu viel erreichen zu wollen und dann die Basis nicht genug festige. Dass Chia unter Ablenkung ständig aus dem Platz aufsteht oder sich gar nicht erst hinlegt, war schon bezeichnend.
Aber es gab auch Höhenflüge, für die wir viel Lob ernteten und für die bin ich Chia auch sehr, sehr dankbar, denn mein Göttergatte unkte ja, dass der gute Ruf, den ich mir mit Lyssi verdiente, mit Chia in wenigen Minuten zunichte gemacht werden wird, wenn sie sich benimmt wie eine offene Hose.
Aber statt in die Rolle vom Hund von Baskerville zu schlüpfen, zeigte sie sich eher zurückhalten und fast schon devot, was mir auch ein bisschen zu denken gab, denn hätte ich uns beobachtet, wäre ich wohl auf die Idee gekommen, dass auf den Hund immer viel zu viel Drück ausgeübt wird und sie deshalb so zusammengeknuckelt wirkt. Aber die Trainerin meinte, dass man zwar auf Chia um Gottes Willen keinen Druck ausüben darf, aber sie sicher ist, dass wenn sie mehr Selbstsicherheit bekommt und ich ihr mehr Unterstützung gebe, damit sie sich auf mich verlassen kann, dann würde sie ganz sicher ein richtig, richtig guter Gebrauchshund, der auch ganz leicht zu motivieren sein wird, wenn Chia erst mal merkt, dass sie gerne arbeitet und dabei richtig viel Spaß hat.
Das ist also nun unser Ziel.
Mit der Motivation bin ich ja gestern auch herbe gescheitert, denn Chia spuckte mir die Lieblingsleckerchen vor die Füße, interessierte sich weder für ihren Ball noch für das Hasenfelldummy und aufs Rumquietschen mit dem Igel verzichtete ich dann auch lieber, um die anderen in der Gruppe nicht zu stören.
Dabei hätte ich gestern Früh noch behauptet, dass kein Hund so leicht zu motivieren ist, wie meine Chia ... und dann interessierten sie nur die rumrennenden Fußballspieler, der fliegende Ball ... und wahrscheinlich auch das wachsende Gras viel mehr als meine Bemühungen, ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Aber was soll sie sich denn auch auf mich konzentrieren, wenn sie von mir keine Unterstützung erwartet? Also: "Mea Culpa, mea Culpa, mea maxima Culpa!"
Ich möchte auch behaupten, dass ich bei ihr auch viel versäumte, das ihr Selbstbewusstsein hätte stärken können, denn ihr fehlte schon die Welpengruppe, weil wir sie ja gerade ein paar Tage vor dem ersten Komplett-Lockdown abholten. Dann war sie auch immer in Benes Schatten und verließ sich auch eher auf ihre Hundefreundin, als auf mich, denn Bene beschützte Chia und wenn ich mal ohne Bene mit Chia laufen gehen wollte, dann streikte sie und warf sich auf den Weg. Mit Bällchenwerfen schaffte ich es dann, sie wenigstens eine Minirunde zum Mitlaufen zu bewegen, aber richtig flott wurde sie immer erst auf dem Heimweg, wenn sie wusste: Es geht zurück zu ihrer Beschützerin Bene.
Noch heute geht sie ungern ohne Bene los. Sie tut es, weil sie gehorsam ist, aber sie sieht dabei auch aus, wie ein geprügelter Hund.
Es ist also jetzt enorm wichtig, dass ich viel mehr mit ihr alleine unternehme - auch wenn es praktisch und zeitsparend ist, mit beiden Hunden gleichzeitig zu laufen - und dass ich ihr Fels in der Brandung werde und das nicht Bene weiterhin übernehmen muss.
Auch wenn wir zuhause trainieren, ist Bene ja immer irgendwo in der Nähe und Chia ist nicht alleine - daran arbeiten wir jetzt.
Wenn wir es dann noch schaffen, ihre Konzentrationsfähigkeit zu stärken und dass sie sich nicht von jedem Reiz ablenken lässt, sind wir auf einem richtig guten Weg angekommen.
Ob das Leinenpöbeln beim Laufen in unserer näheren Umgebung positiv von dem Training auf dem Hundeplatz beeinflusst wird, kann ich noch nicht sagen. Fakt ist, dass ich auch schon Hunde hatte, die auf dem Platz komplett anders reagierten, als beim Spazierengehen. Fakt ist auch, dass die Menge Hunde im Verein meine Chia sicher mehr beeindrucken, als ein entgegenkommender Hund in "ihrem" Revier.
Aber ich habe die Sicherheit gewonnen, dass es bei Chia auch ohne Leinenpöbelei geht und sie Hundebegegnungen mit ganz engem Vorbeilaufen durchaus meistern kann, ohne einen Mucks von sich zu geben. Wenn das auf dem Hundeplatz klappt, bekommen wir das auch beim Gassigehen hin.
... und was das "Irgendwann" angeht, so hoffe ich, dass sich Lyssi schnell entscheidet, wieder zu uns zurück zu kommen und vielleicht die Chance nutzt, die ihr vermutlich im November dafür geboten werden könnte, wenn alles so läuft, wie wir uns das wünschen würden ... es müssten dann aber vier Hündinnen werden, damit alle "Vorbestellungen" erfüllt werden können ... aber das wüssten wir dann auch erst im Januar.
Bis dahin versuche ich Chia weiter zu festigen, damit sie auch dem "irgendwann" ein gutes Vorbild sein wird und hätschle mein Benchen, damit sie uns noch ganz, ganz lange begleitet.