Wie sind Eure Erfahrungen in Bezug auf das Zusammenspiel Prägung-/Sozialisierungsphase, Charakter und der Entwicklung bzw. dem Verhalten als erwachsener Hund?
Ich war heute mit Lexy (wird in 2 Monaten 2 Jahre alt) mal wieder in der näheren Kleinstadt - da waren wir nun schon (aufgrund diverser Umstände) ein halbes Jahr nicht mehr. Als Welpe/Junghund bin ich mit ihr dort jede Woche gewesen um neue Sachen kennen zulernen. Fahrstuhl fahren, über eine schwankende große Brücke mit anderen Menschen laufen, Treppen aus Metallgitter laufen und so weiter.
Als wir an dem Ort mit dem Fahrstuhl ankamen, ist sie schnurstracks in die Richtung vom Fahrstuhl gelaufen und hat brav davor gewartet um mit mir vorbildlich gesittet in das Ding rein zugehen und dann sich brav hingesetzt und gewartet das das Ding hoch fährt. Das letzte mal sind wir vor über einem Jahr Fahrstuhl gefahren - ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass sie erstmal eine Sekunde braucht um sich zu erinnern. Aber nein - alles so als ob sie es jeden Tag macht.
Das gleiche mit der Metalltreppe...
Sie hat also das was sie als Welpe/Junghund positiv gelernt hat, so gut angenommen, dass es ihr keine Probleme bereitet und auch nach längerer Zeit der Nichtwiederholung noch ohne zu zögern macht.
Solche Sachen merke ich bei Ihr auch an anderen Dingen, dass ich sehr viel in Ihrem Verhalten von dem was ich als Welpe/Junghund mit ihr gemacht habe dauerhaft profitiere.
Vom Charakter her würde ich sie als eine mutige Hündin bezeichnen, die aber doch mit Respekt an unbekannte Sachen rangeht. Sie neigt nicht dazu leicht in Panik zu geraten. Das heisst wenn wir jetzt neue Sachen mit ihr machen geht sie ganz gut damit um und lässt sich im Zweifelsfall auch gut annimieren sich das ganze anzuschauen.
Über ihr "vorleben" wissen wir relativ wenig - wir haben sie mit 18 Wochen von einer jungen Familie übernommen und der Versuch mit dem Züchter Kontakt aufzunehmen scheiterte insoweit, dass der nicht wirklich mit uns reden wollte.
Aber schlechtes scheint sie dort nicht erlebt zu haben, sie war ein unbeschriebenes Blatt als sie zu uns kam.
Ich sehe den Erfolg, das sie jetzt im Erwachsenenalter ein toller Hund ist, auf meine Bemühungen begründet und darauf, dass sie scheinbar auch vom Charakter her eine gute Seele ist und beim Züchter es wohl auch gut gehabt hatte.
Im Vergleich dazu war z.B. mein erster Hund eine Sammelstelle von "was alles falsch laufen kann läuft auch falsch". Der hat schon Pech gehabt bei der Geburt, als Welpe nix kennengelernt, beim Vorbesitzer allein gelassen mit allem und danach mit mir damals jemanden der keine Ahnung von Hundeerziehung hatte :-/
Wir klebten sehr aneinander (wir waren 24/7 zusammen - auch im Büro) und er war für mich mein Herzenshund, aber die Sachen die er als Welpe und Junghund verpasst hat konnten wir auch im Erwachsenenalter nicht mehr aufholen. Beispiel Gitterbrücken wo man durchschauen konnte. Ich hatte mir über sowas nie Gedanken gemacht, bis ich eines Tages auf einer langen Wanderung über einen Fluss musste und der Hund sich mit allen 4 Pfoten stemmend weigerte über das Ding drüber zu laufen. Ergo musste ich die 35kg über die Brücke tragen. Ich konnte danach auch mit viel zureden und vielen Übungen auf dem Hundeplatz keine Verbesserung dieser Weigerung erreichen.
Ebenso sein Verhalten fremden Menschen gegenüber - das war sein ganzes Leben lang von Mißtrauen geprägt und egal was ich und 10 Trainer versucht haben, die 2 m Marke durfte keiner (ohne Hund) überschreiten.
Charakterlich war er ein nervöses Bündel das bei jedem Pups aufgeschreckt ist und der sich schon provoziert gefühlt hat, wenn er den Duft eines anderen Hundes wahrnahm oder ein Bellen hörte.
Er hatte ein paar Erlebnisse die zusätzlich zur schlechten Prägung/Sozialisierung noch eins oben drauf setzten und so war er nur bei uns in der Familie eine Seele von Hund, aber eben ansonsten sehr verhaltensauffällig.
Wie sind Eure Erfahrungen dazu? Habt ihr Dinge die in der Welpen/Junghundphase falsch gelaufen oder gar nicht bedacht wurden als Verhalten beim erwachsenen Hund festgestellt und liess sich das wegerziehen bzw. wegtrainieren?
Würdet ihr sagen, dass die Ursache im Verhalten eines erwachsenen Hundes immer auf die Welpen/Junghundezeit zurückzuführen ist? Oder sind trotz guten Startes ins Hundeleben manche Charaktere einfach so "schräg" das alle Erziehungsversuche in diese Richtung scheitern?
Was meint ihr?