Artgerechte Haltung beim adulten Deutschen Schäferhund

  • Du hast ja sehr viel Erfahrung mit Hunden, deshalb zwei Fragen an Dich:

    Welches Halsband ist gleichzeitig funktionell und fellschonend? Ich verwende derzeit die Kette, die ich feststelle und auf Zug mache. wenn Hunde entgegen kommen. Aber das tut auch mir weh. ;(Egal ob breites, gepolstertes Halsband oder Kette, im Nacken bricht das Fell ab...:(


    Gibt es einen gewissen Zeitraum, ab dem ein pöbelnder DSH bei Hundebegegnungen gelassener, souveräner wird (Training Gehorsam, Ablenkung etc. mach ich täglich) wird? Abgesehen von betagtem Alter? Mal ist es besser, dann wieder ein Riesentanz; auch auf dem HuPla. Tagesformabhängig??

    Liebe Iris,


    ich bin nur ein Laie und meine Erfahrung resultiert nur aus eigener DSHHaltung, die aber 5 Jahre unterbrochen war. da gibt es andere wie Waschbär hier, die wesentlich mehr haben.


    Ich selbst benutze je nach Hund alle möglichen Halsbänder, meine derzeitige Babsi ist verträglich und braucht nur ein einfaches; meine Rüden früher hatten schon auch solche mit Zug.


    Und ja, pöbelnde DSH werden ruhiger; Rüden nach der Kastration sowieso. Aber wenn man ihnen täglicxh klar macht, dass man sich selber beschützen kann, wird das. Konsequenz halt.


    Liebe Grüße

    Wolf

  • Und ja, pöbelnde DSH werden ruhiger; Rüden nach der Kastration sowieso.

    Nicht in pöbelnder Hinsicht.

    Kastrierst du "früh" so solltest du keinen Problem haben mit wirklicher Rüdenagroo an der Leine. Weil die Hormone noch nicht soweit waren. Aber eben dadurch, dass der Hund gar nicht ausgewachsen ist, körperlich , wie gesitig ist davon abzuraten.

    Pöbelt er jeden Hund, egal ob Rüde oder Hündin, dann hilft dir Kastra da so und so nicht.

    Ist der Hund älter, dann haben sich die Verhaltensmuster so und so so festgefahren, dass Kastra allein nichts bringt.

  • Ja, das ist auch meine Erfahrung mit Charly. Er wurde mit 15 Monaten kastriert, aber auf sein Verhalten hatte das keine Auswirkungen. Er war vorher nicht verfressen und ist es auch jetzt nicht, weiterhin agil und temperamentvoll und JA - er pöbelt unverändert, egal welches Geschlecht der andere Hund hat. Mir hat mal jemand gesagt, dass es bei solchen Hunden nur über Gehorsam geht, so wie es auch @Wolf beschreibt. Bis jetzt konnte ich es nur mehr oder weniger mit körperlicher “Gewalt“, Leinenruck und zurückdrängen unterbinden. Obwohl ich versuche, das richtige Timing zu finden wenn ich ihn verbal ermahne, sobald er fixiert. Es kommt aber noch nicht ganz bei ihm an. Ich muss mir wohl noch mehr Respekt bei ihm verschaffen. Jetzt setzte ich zusätzlich eine Wasserspritzpistole ein, um ihn aus seinem Tunnel rauszuholen. Es ist einfach Mist und ich fühle mich nicht gut dabei, wenn ich mit Zwangsmitteln arbeiten muss, aber ein scharfes NEIN funktioniert (noch) nicht. Die Hoffnung allerdings stirbt zuletzt. :)

  • Danke für die ausführliche Antwort. :) Ich glaube, bei uns trifft Letzteres zu. Da muss ich noch viel dran arbeiten! :/Nur, die Kastration hat bei Charly nichts bewirkt. Unabhängig davon hätte ich ihn nicht kastrieren lassen, wenn er nicht an Kryptorchismus gelitten hätte.

  • Ja, das ist auch meine Erfahrung mit Charly. Er wurde mit 15 Monaten kastriert, aber auf sein Verhalten hatte das keine Auswirkungen. Er war vorher nicht verfressen und ist es auch jetzt nicht, weiterhin agil und temperamentvoll und JA - er pöbelt unverändert, egal welches Geschlecht der andere Hund hat. Mir hat mal jemand gesagt, dass es bei solchen Hunden nur über Gehorsam geht, so wie es auch @Wolf beschreibt. Bis jetzt konnte ich es nur mehr oder weniger mit körperlicher “Gewalt“, Leinenruck und zurückdrängen unterbinden. Obwohl ich versuche, das richtige Timing zu finden wenn ich ihn verbal ermahne, sobald er fixiert. Es kommt aber noch nicht ganz bei ihm an. Ich muss mir wohl noch mehr Respekt bei ihm verschaffen. Jetzt setzte ich zusätzlich eine Wasserspritzpistole ein, um ihn aus seinem Tunnel rauszuholen. Es ist einfach Mist und ich fühle mich nicht gut dabei, wenn ich mit Zwangsmitteln arbeiten muss, aber ein scharfes NEIN funktioniert (noch) nicht. Die Hoffnung allerdings stirbt zuletzt. :)

    Hast du mit Ablenkung versucht? Man muss dem Hund eine Alternative anbieten, die stark genug ist.

    Ich hatte einen Leinenrambo der Extraklasse. Ich brauche jetzt nicht ein Mal ein Spielzeug wenn ich an Hunden vorbeigehe.

    Am Anfang hat Gin auf Leckerlis geschissen und er war arg.

    Das änderst du nicht über die Nacht. Abstand wann immer machbar und Ablenken in einem Moment wo er noch nicht hochfährt. Damit die Ablenkung passt, musst du dir irgendwas ausarbeiten, dass sehr hochwertig für deinen Hund ist- bei uns ist es ein orangener Ball oder orangener Kong am Schnurr. Ich habe das spiezielle Spielzeug erst aufgebaut, damit es suuuper hochwertig wird.

    Du fangst mit der Ablenkung an, bevor dein Hund hoch geht. Suchst Abstand. Am Anfang bevor er den Hund bemerkt, oder wenn er ihn sieht aber nicht die Gelegenheit bekommt lange zu fixieren. Uns hat es geholfen, dass ich später den Blickkontakt zu mir forciert hatte. Gin dürfte den anderen Hund nicht anschauen, also nicht fixieren und sich somit hochschaukeln.

    Mit Strafen allein wird das nichts meiner Meinung nach. Man muss das Fehlverhalten umlenken auf etwas anderes. Der Hund wird nach vieeeelen Wochen, ba Monaten! lernen, dass man anders vorbeigehen kann, Fehlverhalten korriegierst dann. Dann baust du LANGSAM das Begierdewerkzeug ab. Zur nächst hast du es ihm gegeben vor der Hundebegegnung, dann kurz davor, dann auf der Höhe. Dann ist das Spielzeug in der Tasche und kommt erst raus kurz vor der Begegnung, irgendwann nach viel Zeit, danach.

    Der Anfang ist am schwieriegsten, glaub mir.


    EDIT: wann fing es an mit der Pöblerei bei euch?

  • Ich habe ihn mit 9 Monaten bekommen und er kannte weder Baum noch Strauch. Hat alles angebellt, was er nicht kannte und das war viel ( Bäume, Mülltonnen, Straßenschilder usw. usf. ) Hängt damit zusammen, dass er zur Vermittlung mit 5 Monaten in eine Hundepension kam. Hier war er meist eingesperrt und kam nur zum Pinkeln raus. Bei meinen Besuchen wurde er auf den HuPla gelassen, aber es durfte kein weiterer Hund da sein. Du kannst die Geschichte aber auch in meiner Begrüßung bzw. unter dem Thema “Leinenpöbler“ nachlesen. Hier habe ich es ausführlich geschildert. :)Er hat deshalb viele Defizite mitgebracht, die wir aufarbeiten mussten, insbesondere was die Sozialisation angeht. Ja, ich arbeite derzeit auch mit Ablenkung, wobei ich sein Seilchen benutze. Zeigen, Locken, Zerren. Es kommt mir so vor, als würde er so seinen Frust? oder seine Unsicherheit? abbauen. Ist aber trotzdem sehr anstrengend. Aber Du hast wahrscheinlich Recht, alles braucht seine Zeit, auch Charly. Nicht missverstehen, er wird nicht jedes mal von mir malträtiert. ? Nur manchmal geht es nicht anders und das tut auch mir weh. ;( Er hat zwar jetzt durch den Hundesport viel Kontakt zu Artgenossen, aber das ist ein ganz anderer Kontext.

  • Ist das Seilchen super wichtig für ihn?

    Ich glaube es ist Unsicherheit (Achtung -> glaube).

    Das Kauen beruhigt. Es baut ab alles was sich in so einer Situation aufbaut im Hund, es gibt ihm ein Ventil.

  • Hier hat man mir geraten, mit Wasser zu arbeiten . Habe eine Spritz Flasche in der Tasche ,und sobald er bellt bekommt er eine Ladung Wasser .Es funktioniert ganz gut ,kleine Hunde ignorieren er ganz bei den großen kommt es drauf an ob sie ihn anmachen . Wenn er dann auch loslegen will ,Wasserflasche und Spritzen ,er ist dann auch sofort ruhig .Hoffe das sich das auch noch bessert , auf jeden Fall ist er gelassener geworden

    LG Andrea

  • Ist das Seilchen super wichtig für ihn?

    Ich glaube es ist Unsicherheit (Achtung -> glaube).

    Das Kauen beruhigt. Es baut ab alles was sich in so einer Situation aufbaut im Hund, es gibt ihm ein Ventil.

    Ja, das Seilchen ist sein wichtigstes Spielzeug. Als zweites präferiert er seinen Stick. Futter kommt an letzte Stelle und ist deshalb für Training und Konditionierung bei ihm überhaupt nicht geeignet.

    Ja, ich glaube auch, dass das Seilchen seinem Spannungsabbau dient. Manchmal kommt es mir so vor, als wollte er sich daran festhalten.

  • Hi Wolf,


    da ich DSH-mäßiger Anfänger bin, kann ich deinen Beitrag nicht sinnvoll kritisieren, sondern höchstens ergänzen und auf das verweisen, was ich von Leuten, die weit mehr DSH-Erfahrung als ich haben, gelernt habe.


    Zum Thema Auslastung: Man liest darüber sehr viel. Und teilweise ist das auch für uns abschreckend gewesen, so dass wir fast auf eine andere Rasse ausgewichen wären.

    Nun ist es aber so, dass es auch dazu unterschiedliche Ansichten gibt. So wurde mir zB von einer sehr erfahrenen Hundetrainerin, die ihre 5 DSH mehr als im Griff hat, eher davon abgeraten, auf einem SV-Platz zu trainieren. Sie meinte, wir sollten uns das zumindest gut überlegen, da dort sehr viel über Trieb gearbeitet würde. Triebe, die man teilweise zuerst wecken müsse. Sie meinte, Gaius würde wohl ein ernsthafter Hund mit hoher Reizschwelle werden und dass es gut sein könne, dass wir ihn im Trieb daher sehr fordern müssten. Damit würden wir wiederum sozusagen "schlafende Hunde wecken". Und das sollten wir uns eben mit zwei kleinen Kindern gut überlegen.

    Ebenfalls von einem Hundetrainer wurde mir gesagt, dass heute alle immerzu von "Auslastung" reden, was dazu führe, dass die Hunde teilweise schon im jungen Alter so sehr ausgelastet/bespielt/bespaßt würden, dass sie, werden sie älter, umso mehr Auslastung einfordern würden. Anstatt immerzu auf Auslastung zu setzen, sollten wir mit dem Hund vielmehr das zur Ruhe kommen üben, fest in den Tagesablauf einbauen.


    Zum Thema Familienanschluss/Unterbringung: Ich denke, dass Zwingerhaltung eine Form sozialer Isolation ist, die kein soziales Lebewesen akzeptiert. Daher ja auch der "Zwinger".... Das heißt nicht, dass man diesen nicht mal nutzen kann, wenn es angebracht ist. Aber grundsätzlich als Unterbringung, und sei es nur nachts, ist es mE der falsche Weg.

    Wenn man "artgerecht" wirklich ernst nimmt, dann muss der Hund immer bei seinem "Rudel", seinen Leuten sein können. Eines der Hauptprobleme vieler Hunde ist daher sicher vor allem das lange Alleinsein.


    Daher kommt es vielleicht nicht so sehr auf die Fitness von Herrchen/Frauchen, die Größe des Gartens, Stadt oder Land o.ä. an, sondern vor allem auf die Art der Beziehung und wie intensiv diese gelebt wird.


    Und wenn alles zusammen kommt, hat der betroffene Hund dann den 6er im Lotto:)



    Liebe Grüße

    Lupus

  • Lieber Lupus,


    nur kurz zu deinen interessanten Anmerkungen.


    1. Hundeplatz: Ich hatte ja schon geschrieben, dass jeder Hund da anders reagiert. Von meinen früheren vier DSH waren nur zwei wirklich gut aufgehoben dort. Entscheidend ist, dass man auf einem guten Platz trainiert mit gutem Ausbilder und guten Helfern. Vor allem darf man nicht anfangen und dann einfach aufhören; gerade die Schutzhundausbildung muss bis zum Ende geführt werden. Meine ehrliche Meinung: der normale DSH-Halter braucht keinen Hundeplatz, außer für Uo und BH.


    2. Unsinn - sorry, wenn ich das so schreibe - ist das mit der Auslastung. Erstens wird man einen DSH nie vor dem 1,5 Jahr voll auslasten und zweitens ist ein ausgelasteter adulter Hund der beste und harmonischste Hund der Welt. Die meinige schläft eben hier nach 2,5 Stunden Wanderung und 1 Stunde Hundeplatz. Die Mär, ein austrainierter Hund würde immer mehr einfordern, ist genau das, ein Märchen; erfunden von faulen Haltern.


    3. Zwingerhaltung: Habe ich ja geschrieben, dass ich kombiniert bevorzuge; was aber darauf hinausläuft, dass die Hunde drinnen sind. ABER: Ein Mensch-Hund-Rudel ist KEIN Wolfs- oder Hunderudel. Man sollte sich hüten, das gleichzusetzen. Der Hund ist ein Produkt des Menschen und er fühlt sich nicht vereinsamt, wenn er mal ein paar Stunden draußen sein muss oder allein. Wir menschen erziehen ihm das an aus falsch verstandener Ethologie heraus.


    Liebe Grüße

    Wolf