Hallo ihr
Ich habe eine Weile überlegt ob ich den Thread machen soll oder nicht. Weil man ihn auf vielfältiger Weise bei einem sensiblen Thema missverstehen könnte.
Ich möchte weder Mitleidsbekundungen fischen (ich möchte tatsächlich keine weil sonst der Zweck des Threads vermutlich ins Hintertreffen geraten würde),noch eine einzig gültige Anleitung wie man sich in so einer Situation zu verhalten hat abgeben.
Aber ich sehe in diesen Forum viele Menschen,die sich viele Gedanken um ihre Hunde machen. Bei der Zucht,beim täglichen Zusammenleben,bei der Arbeit beim Hobby, oder gar im Dienst.
Und vielleicht weis sogar der Eine oder Andere tief in seinem Herzen,das dieser Hund, der da von den vielleicht schon vielen im Leben bekannten Hunden,die man natürlich auch alle geliebt hat, vor einem sitzt,das ist was man Seelenhund nennen kann. Und trotzdem wird auch für diesen irgendwann die Zeit kommen.
Für Lischie war es nun gestern soweit.
Und in für mich ,zu den Tagen vorher und zu ihrer Vorgängerin,überraschender Art und Weise hat sich die Sache anders entwickelt als ich mir ausmalte und erwartete. Positiver. Und das ist auch der Grund wieso ich das hier überhaupt schreibe.
Weil vielleicht-auch wenn ich weis das jeder anders empfindet und die Dinge erwartungsgemäß auch nicht gleich ablaufen werden- man so am Ende vielleicht doch mit einer inneren Ruhe statt mit Unruhe,Zorn,Entsetzen und unendlicher Trauer an welcher man vielleicht noch lange zu kämpfen hat, aus dieser unvermeidlichen Sache herausgehen kann.
Ich habe es mir bei Lischie nicht einfach gemacht. Und aus einem bestimmten Blickwinkel könnte man sagen:Ihr auch nicht.
Bei meinem ersten Hund-ebenfalls Krebs- traf ich schonmal die Entscheidung zum Einschläfern. Sie schlief,wie ich es gerne wollte,sanft und ruhig ein. Anfangs fand ich das ok. Aber ich frug mich später immer mehr ob ich nicht viel zu zeitig gehandelt habe. Wegen einem Vorfall-von dem sie sich aber erholte- und ein paar neuen Komplikationen,die zwar nichts gutes erwarten liesen,jedoch eben nur erwarten. Der Hund war ansonsten noch normal. Ja sie stand schon vor der Erholung vor dem einschläfern und sicher wäre auch bei ihr der Krebs schlussendlich der Sieger gewesen. Aber ich frug mich zeitlebens ob ich ihr nicht Lebenszeit gestohlen habe. Nicht zuletzt auch weil ich selbst nicht mitleiden wollte.
Bei Lischie sollte das anders werden. Ich bin zu der Überzeugung gelangt,das es überhaupt gar nicht darum geht was ich denn da leiden müsste,sondern einzig darum was der Hund bereit ist zu erdulden. Es ist nicht mein Leben um was es da geht und für die ich eine Entscheidung treffen soll,sondern das des Hundes. Und wenn ich da manchmal jemand davon erzählte wie es Lischie gerade geht,dann kam manchesmal der Satz: "Na wäre es nicht besser..?" "Ich hätte da schon lange..."
Und ich reagierte darauf immer gleich. Ich sagte:" Ok. Ab wieviel Treppen die du nicht mehr schaffst willst du eingeschläfert werden?", "Wie lange müsste es bei dir Komplikationen geben,bis du sagst,ich will nicht mehr?".
Für andere Entscheidungen zu treffen-zudem letztlich über deren Köpfe hinweg-ist immer einfach. Aber wenn man über sich selbst nachdenken muss,ist erstmal Ruhe und man merkt schnell das man es gar nicht weis. Ja auch nicht wissen kann.
Aber man kann sich vermutlich über eines sicher sein. Man wird sich lange an jeden Halm des Lebens krallen wollen.
Und so traf ich die Entscheidung im Vorfeld für mich,das ich den Hund erst aufgebe,wenn ich merke das sie es tut. Wenn ich eindeutig sehe das der Hund nicht mehr will. Und so hoffte ich auch auf ein eindeutiges Zeichen.
Aber es kam nicht.
Nichtmal in den letzten 3 Tagen,in welchen sich ihr Zustand zusehends und auch in einer schlimmen Art und Weise zum schlechten wandelte. Wie ein Hund der ehemals 30km am Stück am Bike mit mir ging und bis vor 3 Monaten trotz ihres Alters noch täglich 10 am Bike, wie aus einer erfahrenen Jägerin und einem Hund der sich notfalls kompromisslos gegen alles und jeden durchzusetzen vermochte,zu einem Hund wird,der sich nicht mehr auf den Beinen halten kann,beim Geschäft gehalten werden muss,umkippt,über Bordsteine fällt und liegen bleibt ,immer weniger frisst und dessen Knochen durch die Metastasen an manchen Stellen verformt werden,wo schlussendlich jedes Heraustragen und drei Schritte zur Wiese sie so schaffte das sie sich,wieder hochgetragen,erstmal eine viertel Stunde ausruhen musste.
Und trotzdem schien der Hund im liegen halbwegs normal,reagierte,machte bei Zeigespiele mit. Und trotzdem ging sie,als ich Montag frühs schon auf Hau Ruck losfahren wollte und sie nochmal auf die Probe stellte,allein den Weg zur Wiese und vor meinen offenen Mund auch allein die Treppe wieder hoch.
Und das ist was es noch schwerer macht. Man sieht wie der Hund kämpft. Und man wird sie/ihn auch scheitern sehen. Und beides zusammen ergibt eine Situation wo man eben kein eindeutiges Zeichen hat. Wo man stetig hin und hergerissen sit. Wo jede Handlung,jedes Geräusch,jeder Blick anfängt eine Bedeutung zu bekommen und man sich fragt:" Was willst du mir sagen!?" ...und dennoch nur Interpretation und eine gewisse sachliche Erwägung der tatsächlichen Gesundheitslage und deren Aussichten des weiteren Verlaufs bleibt.
Ich kann jeden verstehen der davor Angst hat und von sich glaubt das nicht durchstehen zu können.
Aber ich bin geneigt im Namen eurer Hunde und aller Hunde und auch für euch zu bitten:Tut es!
So schwer es auch für euch und wohlmöglich auch für den Hund ist. Schlussendlich ist es das was ihr dem Hund in seinem schwersten Moment zurückgeben könnt. Ihn nicht einfach aufgeben vor seiner Zeit,auf Verdacht und aus Furcht. Sondern den letzten Weg auch wirklich ganz mit ihm/ihr gehen.
Bis zuletzt zweifelte ich ob es so richtig war.Ob nicht eher. Oder ob nicht später.
Lischie bezeichne ich als mein Seelenhund. Unsere Beziehung war...naja...die eines alten (hunde)Ehepaares wo man sich ergänzt. Nicht zwingend das Verhältniss was man empfiehlt für die Mensch-Hund Beziehung. Selbst beim losfahren hielt mich innerlich viel zurück. Und nachdem ich die letzten 3 Tage ,wenn ich nicht gerade selbst Essen machte oder sie heraustrug, wirklich ausschließlich neben ihr lag,mit ihr redete,streichelte,ihr Wasser brachte,sie Nutella von meinem Löffel schlecken lies,kuschelte,dachte ich ich würde dann,wenn ich ohne sie zurückkomme, nochmals 3 Tage im Bett liegen,unfähig irgendwas zu tun. Da aber die wirklich letzte übrig gebliebene Alternative das Verhungern von Lischie gewesen wäre,musste ich los.
Und die Überraschung war,das so wie ich dort ankam,so wie der TA drüberschaute und kurz nickte und meinte das sie auch schon Gelbsucht hätte, so wie sie nur kurz nach hinten schaute und dann gleich wieder ihren Kopf sinken lies,so wurde ich ruhiger und ruhiger. Ich wusste einfach das dieser Moment,das es JETZT wirklich richtig war. Das ich ihr keine Zeit stahl. Das sie mit mir noch ,trotz der vielen Handicaps sie immer mehr bekam,trotzdem noch etwas spielen konnte. Vor allem,das sie Gelegenheit zum kämpfen hatte. Das ich alles mir mögliche unter den Bedingungen die ich nicht ändern kann,für sie getan habe. Und das ich in den drei Tagen,auch wenn sie schwer waren,mich auch wirklich verabschieden konnte,was bei einem TA in einem Behandlungsraum kaum möglich sein wird. Es war....gut.
Natürlich. Wäre sie im Auto aufgesprungen hätte sich das Nachhinein ganz anders dargestellt. Aber sie wollte eben auch nicht. Auch sie hat eben.....alles getan. Vor allem eben tun (versuchen) dürfen.
Und jetzt? Natürlich tue ich noch Sachen als wäre der Hund noch da und mir wird dann bewusst das die nicht mehr nötig ist,oder Dinge so nicht mehr passieren werden. Mir fällt die Stille auf. Selbstverständlich fehlt sie!
Aber innerlich bin ich dennoch ruhig und kann ihr für mich viel zu frühes Gehen akzeptieren. Ich bin nicht geplagt von Zweifel. Und ich weis das es das alles für sie wert war. Und ich bin überzeugt in ihren Namen richtig gehandelt zu haben,auch wenn es für sie genausowenig leicht war. Und vielleicht ist es sogar genau diese schwere aber dadurch auch intensive Zeit,welche sich letztlich als "Belohnung" herausstellt,oder den Weg ebnet für die Zeit danach?