Der ServiceShredder - DSH als Assistenzhund

  • So sehr ich auch generell IPO gut für den passenden Hund finde, die Szene an sich hat definitiv eine ganze Menge Probleme und negative Seiten unter anderem diese "der Einzig wahre Sport, die Königsdisziplin schlecht hin, alles andere ist doch lächerliche Kinderkacke" Einstellung vieler. Ich kenne nun ne ganze Reihe von IPO Hunden und die, die auch außerhalb vom Platz funktionieren und normalen Alltag souverän meistern können sind nicht exakt in der Überzahl. Dann natürlich simple Ignoranz - und irgendwie nach dem ersten Dutzend hast du auch keinen Bock mehr auf Erklärungen. Und auch ein nicht unwichtiger Faktor - die wie ich das nenne - malifizierung in der LZ, Drive, Hyperdrive, Warpdrive. Ehrlich der DSH ist immer weniger als AH geeignet oder gar als Therapiehund. Ein Grossteil der Züchter scheint nach dem Motto zu agieren "was nicht als Diensthund für Polizei und Behörden taugt, ist kein echter DSH" Ein Dr. Raiser der mal gesagt hat das ein Mali den man zur IPO3 clickern kann eigentlich auch nix taugt, hilft da auch nicht weiter.

    Sehr gut geschrieben und genau meine Meinung!! :thumbup:

    RESPEKT - was Makani bereits alles kann, noch erlernen muss und ganz toll wie ihr euch das gemeinsam erarbeitet!

  • Lolu Ja, kann man. Erst mal muss man wissen was realistisch ist. Ist der Hund ein sensibler, dann reicht ein desensibilisieren, evtl. verknüpfen mit zieh dich in deine Box zurück. Ist der Hund robuster vom Wesen muss ich wissen was ich will - hilft es mir wenn der Hund auf zB Frust reagiert oder will/brauch ich eher meine Ruhe und die Interaktion mit dem Hund erst später.


    Hier mal wie ich das ganze als Task aufbaue.


    Wenn ich mit was gefrustet bin, tendiere ich dazu mich dann erst recht zu verrennen, ich möchte das Makani unterbricht mit Spiel.


    Schritt 1- Desensibilisieren


    Makani soll meinen Frust als Beginn eines tollen Spiels erleben. Ich "Fake" leichte Frust - meine Atmung ändert sich, und gleichzeitig hagelt es Wienerle und Bällchen. Das mach ich solange über ca 2 - 3 Wochen in langsam steigender Intensität bis sie Frust wirklich positiv verknüpft hat.


    Schritt 2


    Während Schritt 1 sehe ich was liegt dem Hund mehr Spiel oder Keks. Ist es Spiel, super für meine Zwecke.

    Jetzt geh ich in der Intensität wieder zurück und nun werfe ich den Ball nicht mehr. Ich lege Spielis und die Leine hin. Fake leichten Frust und entweder Makani schnappt sich ein Spieli und bringt es fröhlich grinsend und fordert Spiel ein.Zögert sie dann gibt es eine Ermunterung oder wir gehen noch mal im Training einen Schritt zurück.


    Schritt 3


    Ich verkleinerte die Auswahl an Spielzeug immer mehr bis zum Schluss nur die Leine bleibt. Man hat ja nicht immer ein Arsenal zur Verfügung.


    Schritt 4


    Die Leine liegt nun nicht mehr offensichtlich rum, sie ist in einem anderen Zimmer oder im Hunderegal und muss erst mal geholt werden.


    Schritt 5


    Da ist sie schon angeleint oder ich hab die Leine in der Hand.


    Schritt 6 - Failsafe


    Wenn man eine Reaktion auf Frust oder Wut trainiert dann braucht man einen Failsafe zum Schutz des Hundes. Ich hab zwar im Leben noch nie Wut am Hund ausgelassen aber manchmal da hilft es eben doch nicht mit dem Shredder zu spielen, da muss ichs doch mit mir ausmachen, deshalb darf sie bei der Aufgabe keine Ausdauer und Entschlossenheit zeigen.


    Bisher waren ihre Bemühungen immer von Erfolg gekrönt. Makani findet Frust von Mensch toll weil das zu intensivem, action reichem Spiel führt.


    Jetzt geht es im Training wieder zurück - geringe Intensität und ich reagiere nicht auf ihre Spiel Aufforderung. Ich könnte das jetzt abkürzen und schroff das Kommando Platz geben, aber ich will das sie etwas anbietet. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit das sie wirklich lernt und versteht. Ich unterstütze ihre Denkprozess anfangs nur indem ich mich jetzt leicht abwenden. Sie ist ja,recht schnell von Begriff und fällt ins Sitz, das Belohne ich dann ruhig aber mit Superleckerchen. Schließlich steigern wir die Zeit vom Sitz bis zur Belohnung.



    Lindaxx und doch wahre mir lieber wir könnten uns einen Hunerarbei erarbeiten, aber ich bin schon stolz drauf wie gut das Shreddertier sich macht.

  • Danke für die Mühe der Erklärung.

    Ich brauche das nicht in dem Ausmaß wie Makani das beherrscht, aber ein bisschen mehr Gelassenheit wäre schon super. Ich werde deine Tipps versuchen, umzusetzen.

  • Lolu Kein Thema. Du kannst es ja abwandeln so dass es passt. Eher ruhige, hochwertige Futterbelohnung erst in der Nähe der Box und schließlich in der Box dann was an dem sie länger kauen kann. Und schließlich Den Zeitpunkt zur Belohnung weiter raus zögern. Evtl.könnte es irgend wann auch so sehen, wenn alles,wieder gut oder fast gut ist, dann gibt es extra knuddeln, ein mehr oder weniger ruhiges Spiel, je nach Charakter des Hundes.

  • ...und wir sind wieder ein Stückchen weiter bei den Retrivals.


    Zum einen klappt es jetzt schon ganz gut Gegenstände auch mal eine Strecke zu tragen, der andere Teilerfolg ist das es jetzt immer besser klappt Gegenstände die mir aus der Hand fallen aufzuheben und ich die spielerische Hilfe aka den Gegenstand ein Stück werfen jetzt ziemlich abbauen kann. Das Aufnehmen, halten und tragen ungewöhnlicher Gegenstände klappt jetzt auch ganz gut, wie Regenschirm oder den leeren Kaffeebecher - und zwar ohne zu knautschen.


    Das Schäfertier ist jetzt auch mitten in der 2. Läufigkeit und wird langsam ein Stück erwachsener und ernsthafter - Hurra!!! Einziger Nachteil bei Makani - während der Läufigkeit hat sie hormonell bedingt regelmäßig Durchfall, das scheint sie aber nicht zu beeinträchtigen.

  • Wow, das Tragen der Kaffeetasse ist ganz schön anspruchsvoll, glatt und schwer. :thumbup:

    Wie machst du das mit Boy? Ich habe nicht mehr in Erinnerung, ob er intakt ist. Trennen? Lotte ist auch gerade läufig. Ich finde es so lustig, die markiert Bäume wie ein Rüde. Das macht sie sonst nie. :D Ludwig ist noch ganz gelassen und wartet die Standhitze ab.

    Mit Durchfall haben wir keine Probleme. Nur empfindlicher mit der Haut ist sie und den kompletten Fellwechsel hat sie durch.

  • Boy musste vor 2 Jahren kastriert werden wegen einer Prostatazyste, aber selbst wenn er noch intakt wäre würde ich nur trennen über Nacht und wenn ich zB in ein anderes Zimmer gehe kämen einer oder beide eben mit. Peanut is auch läufig. Boy war ja mal Deckrüde aber selbst in der Standhitze hat der noch auf mein OK gewartet.

  • Boy war ja mal Deckrüde aber selbst in der Standhitze hat der noch auf mein OK gewartet.

    Das nenne ich mal Disziplin! :thumbup:

    Wir trennen auch nur in unserer Abwesenheit. Dass Lotte sich von Ludwig nicht besteigen lässt, auch in der Standhitze nicht, macht die Sache zum Glück einfacher. Vom ständigen Fiepsen in den paar Tagen hält ihn das nicht ab. Ist die Angebetete nicht da, ist es für ihn aber noch schlimmer. Da hat er ja dann keine Kontrolle. :D

  • Lolu Disziplin ist da nur ein Faktor - Beobachtungen an Wölfen und verwilderten Haushunden haben ja gezeigt dass nur ein Teil der Rüden zum Zug kommt ohne das dass groß Theater gibt. Aber es sitzt halt tief in den Köpfen der Menschen das ein Rüde völlig den Kopp verliert bei ner heißen Hündin. Echte Hypersexualität ist dagegen recht selten.



    Ich habe gezögert das hier zu schreiben, aber eigentlich will ich ja ein ziemlich vollständiges Bild vom AH bzw von den Möglichkeiten die ein AH bietet geben.


    Eine Aufgabe vom Shreddertier sind Interruption Tasks, ritualisierte Verhaltensmuster unterbrechen. Schon seit dem Kindergarten ist Skin Picking aka Dermatillomania aka Body focused repetitive behavior aka Körperfokussiertes Ritualverhalten ein Problem. Die Diagnose kam erst recht spät, weil damals gab es dafür kein Bewusstsein und ein allgemeines "Was nicht sein darf, das kann nicht sein"


    Das was es so schwer macht damit aufzuhören oder das Verhalten zu kontrollieren ist dervFakt, das es direkt an das Belohnungszentrum im Gehirn gekoppelt ist und die gleichen Rezeptoren, Neurotransmitter und Endorphine aktiviert die man vom Suchtverhalten kennt. Nun mit genug Therapie kann man lernen von Drogen weg zu bleiben - bei Essstörungen und Skin picking ist das sehr viel Scherer, denn vom eigenen Körper kann man ja nur schlecht weg bleiben.


    Lange Vorrede - jedenfalls, über die Jahrzehnte gab es ein stetes auf und ab, in den letzten Jahren bedingt durch etliche Ereignisse eher ein stetes ab. Und das ist jetzt brutal ehrlich - die letzten ca 3 Jahre haben meine Oberschenkel ausgesehen wie durch den Fleischwolf gedreht, da ist gar nichts mehr abgeheilt weil ich es nicht zugelassen habe. Erst seit ca 6 Monaten ging es besser - und das nur dank Makani. Auch wenn ich mich da der Natur der Sache gemäß selbst sabotiert habe, durch inkonsequentes Training, ihre Aufgabe mich zu unterbrechen wenn ich anfange zu zupfen (etwas das ich zum Teil unbewusst mache oder unter extrem Stress auch im Schlaf) sitzt. Hab ich gerade nur eine kurze Hose an zuhause, dann schiebt sie solange ihre Schnute dazwischen und flipt meine Hand weg bis ich statt an mir zu zupfen, sie knuddeln. Wenn sie nicht an meine Hand direkt kommt, dann legt sie sich so drauf das ich die Hand nicht mehr bewegen kann, wie auf dem Foto. Hand am Oberschenkel unter der Decke, 32Kilo Shredder pressen da drauf und zwingen zum Stillstand.


    Dank ihrer Hartnäckigkeit sind zum ersten Mal seit 4 Jahren alle Stellen an meinen Oberschenkeln vollständig abgeheilt. ???


    Ich kann echt kaum sagen was mein AH, mein Shreddertier für meine Lebensqualität bedeutet...



  • Deine Offenheit und die Hilfe durch Makani.....da kommen einem echt die Tränen! Es ist bewundernswert, wie du den Erfolg gemeinsam mit Makani erreicht hast! Und so wichtig, dass andere Menschen erfahren, was ein AH, in dem Fall sogar mehr Therapiehund, zu leisten vermag. :thumbup:

  • Ja, über so viel Offenheit kann ich auch nur den (nicht vorhandenen) Hut ziehen. Toll, dass dein Hund dir dabei so helfen kann. Ich kann dein Training und deinen Hund nur bewundern.

  • *rot werd*


    Lolu Diese Aufgabe, die Interruption Task, ist eigentlich genau das was den AH vom Therapiehund unterscheidet, aber ich weiß was du meinst ?


    Es gibt ja mittlerweile einiges an Info über Assistenzhunde, aber das Meiste ist eben von nur indirekt Betroffenen, meist gesunden Profitraineren, und das gibt nur einen Teil des Bildes wieder. Und ist zum Teil auch problematisch, weil da oft die Überheblichkeit der Gesunden mitspielt, dieses "Ich bin Gesund, stecke nicht in deiner Haut und weiss deshalb viel besser was du brauchst als du selber."


    Deshalb Versuch ich die andere Seite zu zeigen.