Ich dachte mir, der ein oder andere hat bestimmt Interesse an meiner Arbeit als Rettungshundeführerin. Deshalb rufe ich diesen Thread ins Leben. Wenn ihr was wissen wollt, irgendwelche Begrifflichkeiten unklar sind oder was auch immer- fragt drauf los. Ich werde, so gut ich kann, Rede und Antwort stehen.
Kurz zu mir:
Ich habe mit der RH Arbeit 2003 begonnen. Zuerst als Helfer ohne Hund in einer Staffel. So hatte ich Gelegenheit zu schauen,wie die verschieden Rassen und Mixe arbeiten und ob diese Arbeit mit Hunden überhaupt etwas für mich ist.
2004 zog dann mein erster Hund ein: Sammy, ein Border Collie Mix. Er wurde als Verbeller in der Fläche und in den Trümmern geführt.Mit ihm habe ich mehrere Prüfungen bestanden und zahlreiche Realeinsätze beschritten. Ein Partner, auf den immer Verlass war. Ein toller Lehrmeister. Leider verstarb er im April 2015 plötzlich und unerwartet im Alter von 10 Jahren. 2009 zog dann mein Schweißhund Otte ein. Mit ihm Begann ich die Ausbildung zum Mantrailer. Auch mit ihm bestand ich viele Prüfungen. Aus persönlichen Gründen habe ich Otte vor gut 4 Monaten aus der MT-Arbeit rausgenommen. Er arbeitet nun just for fun als Rückverweiser in der Fläche. Im Juli 2015 zog dann Hermann ein. Er wird als Verbeller in der Fläche geführt,Trümmer sollen noch folgen. Hermann befindet sich noch in der Ausbildung und wird,sollte alles klappen,im Herbst 2017 seine erste Flächenprüfung laufen.
Seit 2015 bin ich aktiv als Ausbilderin unserer Staffel tätig und begleite unsere Teams von Beginn bis zur Prüfung und darüber hinaus. Nebenbei habe ich 4 Jahre lang eine private Mantrailgruppe geleitet und Hund und Hundeführer ausgebildet.
Öfters werden wir angesprochen: "wie lange dauert eine Rettungshundeausbildung?" "wann kann ich meinen Hund bei Ihnen abgeben?" "wann ist er ein fertiger Rettungshund?" usw.
Ja,solche Fragen begegnen uns öfters...
Eine Rettungshundeausbildung dauert im Schnitt 2-3 Jahre,bei 2-3 Trainingseinheiten pro Woche und regelmäßiger Teilnahme. Dabei gibt man uns nicht den Hund, sondern der Hundeführer (HF) übernimmt die Ausbildung selber.
Wir bilden aktuell nur Flächensuchhunde aus, in den Verweisarten Verbellen und Rückverweis.
Verbeller: der Hund muss nach dem Fund der vermissten Person (VP) solange an dieser verweilen und verbellen, bis der Hundeführer (HF) vor Ort ist. Dabei sollte der Hund nicht bedrängen oder belästigen.
Rückverweiser: Nach dem Fund der VP läuft der Hund zum HF zurück und zeigt dort,z.B: durch Bellen oder Anspringen, den Fund an. Der Hund wird am Geschirr angeleint und führt den HF zurück zur VP.
Desweiteren gibt es noch den Bringselverweis soie den Freiverweis.
Bringseln: ähnlich dem Rückverweis. Der Hund nimmt nach dem Fund der VP ein Bringsel ins Maul (z.B Lederstück) und läuft zum HF. Dieser leint den Hund an und lässt sich zur VP führen. Auch ein zurückführen ohne Leine ist möglich,dann pendelt der Hund zwischen HF und VP.
Freiverweis: wie Rückverweis,allerdings pendelt der Hund zwischen HF und VP hin und her. Bevor der Hund allerdings RH wird, muss er einen Eignungstest bestehen. Hier wird der Hund mit optischen und akustischen Reizen konfrontiert. Denn nur wer wesensfest und nervenstark ist, kann Rettungshund werden.
Die Flächensuche ist eine Ausbildung die Rückwärts aufgebaut wird. Man beginnt quasi mit dem Endprodukt, nämlich dem Verweis. In unserer Staffel lernen die Hunde zuerst das Abstand halten zur VP (denn wer will schon 2cm vom Gesicht entfernt von einem DSH,Mali,Labbi o.ä. lautstark verbellt werden), danach folgt das bellen (bzw. eine andere Verweisart). Sitzt das, folgen kleine Sucheinheiten,man lernt das Leiten und Lenken des Hundes. Am Ende steht dann die Suche,mit dem Verweis der VP.
Unsere Hunde müssen, bevor sie in den Einsatz dürfen, eine Prüfung absolvieren. Diese besteht aus 4 Teilen: den Fachfragen,dem Verweis,der Unterordnung und der Suche.
Beim Verweis liegt eine VP auf dem Boden, frei und unverdeckt. Der HF schickt den Hund zur VP. Dort muss dieser selbständig und ohne zu bedrängen oder gar zu verletzen die VP verweisen.
Der Gehorsamsteil besteht aus Teilen der BH. Allerdings werden hier die Elemente aus der Bewegung gefordert. Hinzu kommt noch das "Steh" und "voraus",alternativ das detachieren. Elemente wie Personengruppe mit und ohne Hund,Ablage und Trageübung sind ebenfalls dabei. Bis auf die Gruppe mit Hund erfolgen alle Gehorsamsteile ohne Leine.
Erst wenn man diese 3 Teile (an einem Tag) bestanden hat, darf man in die Suche starten. Hier muss der Hund innerhalb von 20min 30.000qm selbständig absuchen. Es sind 2 Helfer versteckt, welche der Hund sauber verweisen muss. Ebenso wird eine Erste Hilfe Leistung vom HF erwartet, sowie die korrekte Lagebeurteilung, Einsatztaktik, Orientierung im Gelände und Verständigung per Funk. Hat das Team auch dieses geschafft, darf es sich 18 Monate lang "geprüftes Team" nennen. Nach diesen 18 Monaten muss die Prüfung erneut mit allen Teilen abgelegt werden, um die Einsatzfähigkeit aufrecht zu erhalten. Fällt ein Team durch, erlischt die Einsatzfähigkeit sofort. Eine Prüfung kann wiederholt werden. Fällt ein Team 3 mal nacheinander durch, egal in welchem Teil,wird ein Team zu keiner weiteren Prüfung zugelassen.
Auch der HF muss sich fortbilden. Da sind z.B. die Sanitäterausbildung, Einsatztaktik, Verhalten im Katastrophenfall, Krisenintervention, Rechte und Gesetze, Sprechfunk, Karte und Kompass und vieles mehr. Da gehe im Jahr viele Stunden drauf.
Generell sollte der Hundeführer eine große Bereitschaft mitbringen: die Bereitschaft bei Wind und Wetter zutrainieren. Sich für andere Hunde zu verstecken und nicht nur den eigenen Hund trainieren lassen. Die Bereitschaft, nachts aufzustehen, wenn es zum Einsatz kommt und dann stundenlang auf den Beinen zu sein. Die Bereitschaft Zeit und Geld zu investieren,ohne Gegenleistung-Stichwort ehrenamt.
Ich kann gar nicht aufzählen wieviele km ich schon für die Hunde gelaufen bin, wieviele km ich schon gefahren bin, wieviele Stunden ich in Einsätzen nachts im Wald verbracht habe, wieviele Stunden ich in irgendwelchen Fortbildungen saß...
Aber das stört mich alles nicht. Ich lebe und liebe dieses "Hobby". Und wer nicht bereit ist, diese Zeit zu investieren, sollte sich ein anderes Betätigungsfeld suchen. Wir sind keine Sportrettungshundler, wir wollen Menschenleben retten.